Die Richter am OLG Frankfurt a.M. fordern mit dem vorliegenden Urteil die Sorgfaltspflicht bei der Einhaltung von gerichtlich verhängten Verboten im Bereich der Online-Werbung. Die Partei, die eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, ist dazu verpflichtet, den Unterlassungsverpflichtungen unter allen Umständen zu erfüllen.
Vertragsstrafe droht bei Nichteinhaltung der notwendigen Sorgfaltspflichten
Eine Unterlassungserklärung beinhaltet die unbedingte und rechtliche Aufforderung an die abgemahnte Partei, bestimmte Handlungen zu tun oder unterlassen. In dem vor dem OLG Frankfurt verhandelten Fall hat sich die Schuldnerin, ein Unternehmen, dazu verpflichtet, eine genau bezeichnete Online-Werbung nicht mehr durchzuführen. Die Gegenseite stellte einen erneuten Verstoß gegen diese Verpflichtung fest. Schließlich beantragte sie die Verhängung einer Vertragsstrafe bzw. eines Ordnungsgeldes in Höhe von 5.000,00 Euro.
Die Abgabe einer Unterlassungserklärung wird in den meisten Fällen aufgrund von Streitigkeiten im Wettbewerbsrecht sowie im Urheber- und Markenrecht gefordert. Der Schuldnerin wurde untersagt, mittels Online-Werbung durch einen Button mit den Bezeichnungen „Online Buchen“ und „Hotelbuchung“ auf das Buchungsportal des Drittanbieters X zu verlinken. Die Unterlassungserklärung beinhaltet nicht nur das im gerichtlichen Titel beschriebene Verbot der Online-Werbung, sondern auch unwesentliche Veränderungen.
Im vorliegenden Fall änderte die Schuldnerin die Online-Werbung ab. Der Button war nun auf das Buchungsportal des Anbieters Y mit dem Hinweis „Zimmer reservieren“ verlinkte. Die Richter gehen davon aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise nach wie vor davon ausgehen, dass eine Hotelbuchung über diesen Link möglich ist, was jedoch nicht der Fall ist.
Vertragsstrafe vermeiden: Mitarbeiter belehren
Die zulässige Beschwerde der Schuldnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Richter stellen hohe Anforderungen an die Einhaltung des mit der Unterlassungserklärung einhergehenden Verbotes der Online-Werbung. Diese strengen Sorgfaltsanforderungen betreffen nicht nur die Führungs- und Managementebene des abgemahnten Unternehmens, sondern auch die Mitarbeiter. Die Unternehmensleitung muss alle geeigneten Maßnahmen treffen, um eine Wiederholungsgefahr bei gerichtlich festgestellten Wettbewerbsverstößen zu vermeiden. Die Sorgfaltsanforderungen an unterlassungsverpflichtete Unternehmen sind sehr hoch.
Die betroffene Partei (Unterlassungsschuldner) muss alle zumutbaren organisatorischen Maßnahmen treffen, um einen Verstoß gegen die Unterlassungspflicht auch durch die Mitarbeiter auszuschließen. Ein Unternehmen kommt dieser Sorgfaltspflicht dann nach, wenn die Führungsebene alle Mitarbeiter schriftlich über die Unterlassungsverpflichtung informiert und sie über die Nachteile, die mit eventuell eintretenden Verletzungshandlungen einhergehen, genau aufklären. Festgestellte Verletzungshandlungen müssen Sanktionen, zum Beispiel eine Abmahnung, nach sich ziehen. Auch Vertragsstrafen für Mitarbeiter sind denkbar.
Die unterlassungsverpflichtete Partei muss die Einhaltung der gerichtlich geforderten Sorgfaltspflicht durch eine entsprechende Dokumentation beweisen können. Nur wenn diese hohen Anforderungen erfüllt sind, entfällt eine Haftung. Nur dann kann die betroffene Partei das sogenannte Organisationsverschulden für Verstöße von Mitarbeitern, wie die Zahlung eines Ordnungsgeldes abwenden. Die Schuldnerin ist dieser Darlegungs- und Beweislast jedoch nur unzureichend nachgekommen. Sie hat vorgetragen, dass sie keine Schuld an der festgestellten erneuten Verletzungshandlung treffe, da diese irrtümlich durch einen Mitarbeiter begangen worden sei.
Mit dem Rechtsmittel der Beschwerde konnte sie nicht belegen, dass eine detaillierte und schriftliche Aufklärung der Mitarbeiter durch die Führungsebene über den Inhalt der Unterlassungsverpflichtungserklärung erfolgt ist. Insbesondere sind die Mitarbeiter auf die Nachteile hinzuweisen, die eventuelle Verletzungsverhandlungen nach sich ziehen. Hierzu gehören die Kündigung des Dienstverhältnisses und die Zwangsvollstreckung. Tatsächlich erfolge jedoch keine detaillierte schriftliche Anweisung der Mitarbeiter. Vielmehr gab es lediglich eine allgemeine Information über den Inhalt des gerichtlichen Titels und die Aufforderung, Verletzungshandlungen zu unterlassen.
Fazit
Im vorliegenden Fall war die Unterlassungserklärung bereits so ausgelegt und vorbereitet, dass der Inhalt alle Rechtsebenen abdeckt. Daher hatte die abmahnende Partei, die auch als Gläubigern bezeichnet wird, den Vorteil, dass die Richter der Forderung nach Festsetzung des geforderten Ordnungsgeldes bzw. der Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 Euro umgehend nachkamen, da die erneute Verletzungshandlung zweifelsfrei nachgewiesen wurde.
Dieser Rechtsstreit zeigt, dass der Inhalt einer Unterlassungsverpflichtungserklärung niemals zu eng ausgelegt werden sollte. Die Erklärung darf nicht nur eine genau bezeichnete Verletzungshandlung bezeichnen, sondern muss auch Erweiterungen dieses Kernbereiches wie zum Beispiel moderate Veränderungen der beanstandeten Handlung beinhalten. Mit einer Unterlassungserklärung, die die betroffene Partei dazu veranlasst, das abgegebene Unterlassungsversprechen unter allen Umständen einzuhalten, lassen sich kosten- und zeitintensive Rechtsstreitigkeiten vermeiden.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.11.2017, Az.: 6 W 96/17