Die Richter am LG Frankfurt hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, welche Rechtsfolgen eine zu weit gefasste Abmahnung mit beigefügter und vorformulierter Unterlassungserklärung nach sich zieht. Nach Meinung der abgemahnten Partei, einem Fitnessstudio, ist die Abmahnung der Gegenpartei, einer Verbraucherzentrale, zu weit gefasst und damit rechtlich unwirksam. Mit dem vorliegenden Urteil sind die Richter jedoch zu dem Entschluss gekommen, dass auch eine zu weit abgefasste Abmahnung unschädlich, das heißt, rechtlich wirksam ist.
Fehlerhafte AGB als Grund für die Abmahnung
Klägerin in diesem Rechtsstreit ist ein Verbraucherschutzverband, der die Beklagte als Betreiberin eines Fitnessstudios wegen bestehender Wettbewerbsverstöße abmahnte. Der Verband forderte insbesondere die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten. Diese enthielten eine Klausel, nach der die Kunden des Fitnessstudios das Vertragsverhältnis ausschließlich in Schriftform kündigen konnten. Der Abmahnung war eine vorformulierte und strafbewehrte Unterlassungserklärung beigefügt. Diese sieht für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe vor.
Hintergrund ist das in der Abmahnung bezeichnete Klauselverbot. Gemäß § 309 Nr. 13 b BGB gilt dieses Klauselverbot nach Art. 229 § 37 EGBGB ausschließlich für Verträge, die nach dem 30.09.2006 geschlossen wurden. Die Klägerin verweist in ihrer Abmahnung jedoch auch auf Verträge mit der beanstandeten schriftlichen Kündigungsklausel, die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden. Da die Beklagte den Inhalt dieser Abmahnung als zu weit gefasst sah, verweigerte Sie die Abgabe der Unterlassungserklärung. Die Beklagte ist der Meinung, dass alle Verträge, die vor dem 30.09.2006 geschlossen wurden, zu Recht die beanstandete Klausel der schriftlichen Kündigung beinhalten.
Der Rechtsstreit endete mit einem Teilanerkenntnisurteil. Die Klägerin ist der Beklagten insoweit entgegengekommen, als dass sie ihren Klageantrag auf Verträge, die nach dem 01.10.2016 geschlossen wurden, beschränkt hat. Die Beklagte hat demzufolge erreicht, dass die zu weit gefasste Abmahnung und der Inhalt der Unterlassungserklärung zu ihren Gunsten abgeändert wurden.
Kostentragung bei zu weit gefasster Abmahnung
Allerdings hat die Beklagte dennoch die Kosten für den Rechtsstreit zu tragen. Gegen diese Kostenentscheidung wendete sie sich mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Auch in dieser Hinsicht weist sie darauf hin, dass die Abmahnung nebst vorformulierter Unterlassungserklärung zu weit gefasst war. Demzufolge habe sie auch nicht die Kosten für diesen Rechtsstreit zu tragen. Das Landgericht folgt diesem Einwand jedoch nicht und führte aus, dass auch zu weit gefasste Abmahnungen unschädlich seien.
Die Abmahnung der Klägerin ist rechtlich begründet und ordnungsgemäß erfolgt. Die Klägerin hat die beanstandete Rechtsverletzung so detailliert beschrieben, dass die Beklagte den in der Abmahnung angeführten Vorwurf konkret, klar und ohne weitere rechtliche Vorkenntnisse sofort erkennen kann. Die vorformulierte Unterlassungserklärung beinhaltet auch ein e Vertragsstrafe. Die Klägerin hat der Beklagten eine angemessene Frist gesetzt, um eine entsprechende Erklärung abzugeben. Sie ist jedoch nicht dazu verpflichtet, eine rechtliche Bewertung der Angelegenheit vorzunehmen.
Zu weit gefasste Abmahnung unschädlich für Kostentragung
Eine Beurteilung dahingehend, ob die Abmahnung zu weit gefasst ist oder nicht, spielt daher keine Rolle. Der Abmahnende ist berechtigt, die Unterlassungserklärung jederzeit abzuändern. Aus dem Schreiben der Beklagten an die Gegenseite vor Prozessbeginn lässt sich genau erkennen, dass sie den rechtlich detailliert begründeten Inhalt der Abmahnung erkannt hat. Aus diesem Grund war sie in der Lage, den Inhalt der Erklärung auf den sachgerechten Umfang zu beschränken. In diesem Fall hätte die Unterlassungserklärung mit dem geforderten Klauselverbot ausschließlich alle nach dem 30.09.2016 geschlossenen Verträge betroffen.
Entsprechend der anerkannten Rechtsprechung im gewerblichen Rechtsschutz ist der Gläubiger nicht dazu verpflichtet, der Abmahnung eine entsprechende Erklärung beizufügen. Alleine die abgemahnte Partei trifft die Verpflichtung, alles dafür zu tun, um die Annahme einer erwarteten Wiederholungsgefahr der festgestellten Verletzungsverhandlung auszuräumen. Wer sich weigert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, gibt Anlass zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe. Daher ist es im vorliegenden Fall nicht relevant, dass die Klägerin ursprünglich mehr gefordert hat, als ihr zusteht.
LG Frankfurt, Urteil vom 22.06.2017, Az. 2-24 O 284/16