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Rechtsmissbräuchliche Abmahnung im Urheberrecht

Grundsätzlich gilt, dass sich ein Rechtsinhaber, dessen Urheberrechte verletzt sind, seine Ansprüche im Rahmen einer Abmahnung geltend machen kann. Im Urheberrecht steht dem Verletzten dafür das Mittel der Abmahnung nach § 97 a UrhG zur Verfügung. Dabei gilt, dass ein Rechtsinhaber auch mehrere Rechtsverletzer parallel abmahnen kann, wenn diese wirtschaftlich eigenständig dieselbe Rechtsverletzung begehen.

Liegt in der Abmahnung allerdings das wirtschaftliche Hauptinteresse des Abmahnenden und dient die Abmahnung vor allem der Erzielung von Einkünften aus Gebühren, ist die Abmahnung rechtsmissbräuchlich. Nach dem BGH Urteil des I. Zivilsenats vom 28.5.2020 gilt dies selbst dann, wenn grundsätzliche bestehende Urheberrechtsverletzungen Gegenstand der Abmahnungen sind.

Rechtsmissbrauch im Urheberrecht

Streitgegenstand war eine Doppel-CD mit Konzertaufnahmen des Gitarristen Al Di Meola. Ohne die dafür erforderlichen Nutzungsrechte brachte man diese unter anderem in Deutschland in den Verkehr. Insgesamt 16 Rechtsverletzer, darunter ein die CD vertreibender Zwischenhändler und parallel dazu 15 Einzelhändler, wurden für den rechtswidrigen Eingriff in die Nutzungsrechte des Urhebers abgemahnt. Diese Ansprüche trat der Urheber an die ihn vertretende Rechtsanwaltskanzlei ab, die als Klägerin auftrat.

Von den Einzelhändlern forderte die Klägerin jeweils eine Kostenerstattung in Höhe von 1.065 €. Diese setzte sich aus 865 € Anwaltskosten, Ermittlungskosten von 100 € und nach der Lizenzanalogie ermittelten Schadensersatz von 100 € zusammen. Gegenüber des Zwischenhändlers machte der Rechtsinhaber die höhere Summe von insgesamt 1.742,40 € geltend.

Widerspruch und Berufung

Ein Einzelhändler kam den Ansprüchen aus der Abmahnung nicht nach. Die Klägerin verfolgte ihre Ansprüche demnach gerichtlich weiter. Das Amtsgericht Hamburg bestätigte die Forderung der Klägerin und sprach ihr die geforderten Anwaltskosten zu. In der folgenden Berufung verurteilte das Landgericht Hamburg den Beklagten dann zur Zahlung von Anwaltsgebühren in Höhe von 184,31 €. Begründend führte es dafür an, dass die Abmahnung untergeordnet tatsächlich dem Schutz verletzter Urheberrechte dient.

Revision

Damit aber nicht genug. Gegen das landgerichtliche Urteil legte de Klägerin Revision ein. Der BGH wie die Klage schließlich vollständig ab. Die Karlsruher Richter bestätigten die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich, wofür bereits das Berufungsgericht starke Indizien gesehen, diese aber vermutlich falsch gewichtet habe.

So seien Indizien für eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung gemäß § 242 BGB bereits in der Forderung der systematisch überhöhten Abmahngebühren zu sehen, die allein dem wirtschaftlichen Interesse der Kanzlei entsprächen. Auch dass allein die Einzelhändler in Deutschland abgemahnt wurden und zuvor nicht mildere Rechtsmittel erwogen wurden, sei Hinweis für die Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung. Dagegen spräche nicht, dass ein untergeordneter Zweck der Abmahnung Urheberrechtsschutz gewesen sei.

BGH; Urteil vom 28.5.2020, Az.: I ZR 129/19