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Verkäufer auf Amazon haften für Urheberrechtsverletzung

Das Landgericht Köln hatte darüber zu entscheiden, ob Onlinehändler für die Verwendung urheberrechtsgeschützter Fotos in den Angeboten auf dem Amazon-Market-Place haften. Mit der steigenden Anzahl der Onlinehändler nehmen auch die Probleme mit Abmahnpotential zu, die für manche unerwünschte Überraschung sorgen. Existiert bereits eine Verkaufsseite für ein bestimmtes Produkt, kann Amazon das Anlegen einer eigenen Verkaufsseite von vorneherein verhindern und zwingt den betroffenen Händler, sich an ein bestehendes Angebot „anzuhängen“. In diesem Fall bewirbt dieser sein Angebot mit einer Verkaufsseite, auf deren Inhalt er keinen Einfluss hat.

Verkäufer-Haftung für Urheberrechtsverletzung auf Amazon

Ein großes Problem stellt dabei das Urheberrecht dar, denn beim Anhängen an bereits bestehende Angebote werden auch die zu den jeweiligen Angeboten eingestellten Lichtbilder durch den anhängenden Händler verwendet, da diese zusammen mit seinem Angebot gezeigt werden. Die Verwendung fremder Lichtbilder ohne Lizenz stellt eine Urheberrechtsverletzung gemäß §§ 72 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG dar. Die Rechtsprechung ist alles andere als einheitlich, denn immer wieder kommen Gerichte zu unterschiedlichen Entscheidungen, mal haften die betroffenen Händler, mal nicht. So hat zum Beispiel das Landgericht München (29 U 4077/15) entschieden, dass die Verwendung von Lichtbildern durch „anhängende“ Onlinehändler auf dem Amazon-Marketplace keine Verletzung im Sinne des Urheberrechts darstellt. Auch das Oberlandesgericht Köln (6 U 51/14) ist zu derselben Entscheidung gelangt.

Urheberrechtsverletzung Amazon: LG Köln bejaht Haftung auch beim „anhängen“ an ein Angebot

Im vorliegenden Fall ist das Landgericht Köln zu dem Entschluss gekommen, dass der „anhängende“ Onlinehändler für die Verwendung urheberrechtlich geschützter Fotos in seinem Angebot entsprechend dem Urheberrechtsgesetz haftbar zu machen ist. Mit dieser Haftung ist ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten sowie ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß §§ 97 Abs. 2, 15 Abs. 2, 19 a UrhG verbunden. Der Klägerin stehen die ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Lichtbildern zu. Die Urheberrechtsverletzung entsprechend § 19 UrhG tritt in dem Moment ein, wo die Lichtbilder im Amazon-Angebot des Beklagten eingeblendet werden. Die Richter sehen in dieser Angebotspraxis eine eigenständige öffentliche Zugänglichmachung an einen unbestimmten Personenkreis. Demzufolge haftet der Beklagte als sogenannter Störer. In dem Moment, wo er sein Angebot auf die Amazon-Plattform einpflegt, macht er sich alle dort bestehenden Angaben zu eigen, selbst wenn er sich nur an ein bestehendes Angebot „anhängt“, auf dessen Inhaltsgestaltung er keinen Einfluss hat.

Haftung für Urheberrechtsverletzung ohne eigene Mitwirkung

Der Beklagte betont, er selbst habe die streitgegenständlichen Lichtbilder nicht für sein Angebot verwendet, diese seien ihm vielmehr durch den Marktbetreiber Amazon zugeordnet worden. Auf der einen Seite haben die Onlinehändler auf den Inhalt und die Zuordnung ihrer Angebote keinen Einfluss, wenn bereits Verkaufsseiten für identische Produkte bestehen und ihnen nur das „Anhängen“ an diese bestehenden Angebote bleibt. Auf der anderen Seite wird ihnen diese Amazon-Geschäftspraxis juristisch so angerechnet, als wenn sie selbst für den Inhalt und die Zuordnung der entsprechenden Lichtbilder verantwortlich sind. Juristisch gesehen nehmen sie die rechtlichen Risiken durch das Einstellen ihrer Angebote bewusst in Kauf. Daher wird der Beklagte entsprechend § 830 Abs. 1 BGB als Mittäter in Haftung genommen.

Der Beklagte hat sein Angebot auf eigenen Namen und eigene Rechnung abgegeben und ist auch dann dafür verantwortlich, wenn er dieses durch einen Dritten (Amazon) erstellen lässt. Er handelte schuldhaft (§ 276 Abs. 1 S. 2 BGB), indem er darauf vertraute, dass Amazon zur Verwendung der streitgegenständlichen Lichtbilder berechtigt ist. Grundlage für diese Annahme sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit der die jeweiligen Händler Amazon ein unentgeltliches Nutzungsrecht mit Weiterlizenzierung einräumen. Erschwerend kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass die Klägerin ihre Lichtbilder mit einem eindeutig zu erkennenden Copyright-Vermerk versehen hat. Mit Kenntnisnahme dieses Vermerks auf den Lichtbildern hätte der Beklagte auf Amazon dahingehend einwirken müssen, diese nicht für sein Angebot zu verwenden.

Fazit

Es bleibt festzustellen, dass diese durchaus fragwürdige Geschäftspraxis Amazon praktisch die unbegrenzte Verwendung der entsprechenden Lichtbilder selbst für Konkurrenten einräumt und mit dem Urheberrecht kaum zu vereinbaren ist. Onlinehändler, die die Amazon-Plattform nutzen, um ihre Produkte anzubieten, können sich nicht auf diese Geschäftspraxis berufen und eine juristische Verantwortung von sich weisen. Fallstricke und Abmahnpotential bleiben, da die Rechtsprechung nach wie vor alles andere als einheitlich ist. Im Zweifelsfall ist es ratsam, den Rat eines Fachanwalts einzuholen.

LG Köln, Urteil vom 16.06.2016, Az.: 14 O 355/14

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzView Author posts