Mit dem nunmehr veröffentlichten Urteil vom 05.11.2015, Az.: I ZR 182/14 (Streichpreis) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Verkehr auch im Internethandel und auf einer Handelsplattform wie amazon.de in einer durchgestrichenen Preisangabe regelmäßig den früher von dem werbenden Unternehmer verlangten Preis erkennt. Damit misst der Verbraucher Werbung mit einem durchgestrichenen Preis nicht eine je nach Vertriebsform unterschiedliche Bedeutung bei.
Streichpreis – BGH-Entscheidung bezogen auf Amazon
Die Parteien des Rechtsstreits, zwei Online-Händler, die unter anderem Fahrradanhänger vertreiben, stritten sich um die Darstellung einer Preisreduzierung bei Amazon. Am 5.11.2012 bewarb die Beklagte auf der Verkaufsplattform amazon.de Fahrradanhänger mit einem höheren, durchgestrichenen Preis und einem darunter gesetzten niedrigeren Preis. Die Klägerin hielt diese Form der Werbung für irreführend, weil sich keine Erklärung über die Bedeutung des höheren, durchgestrichenen Preises beim Angebot befand.
Eine außergerichtliche Abmahnung blieb erfolglos, sodass sich die Kläger zur gerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungsbegehrens entschied. Sie beantragte insofern, es der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr auf der Handelsplattform amazon.de Waren anzubieten und dabei mit einem durchgestrichenen Preis zu werben, ohne klarzustellen, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt. Darüber hinaus verlangte die Klägerin Erstattung von Abmahnkosten sowie Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
Sowohl das Landgericht und als auch das Oberlandesgericht Stuttgart sahen die Darstellung des Streichpreises als rechtmäßig und damit die Klage als unbegründet an. Die Klägerin zog schließlich bis vor den BGH, der die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigte.
Durchgestrichener Preis: Keine Klarstellung erforderlich
Rechtlich führten die Karlsruher Richter aus, dass der Klägerin die begehrten Ansprüche nach § 8 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 2,
§§ 9, 12 Abs. 1 S. 2 UWG, § 242 BGB gegen die Beklagte nicht zustehen. Auch beim Handel im Internet sei die Werbung mit einem durchgestrichenen Preis, dem ein niedrigerer Preis gegenübergestellt wird, auf einer Verkaufsplattform wie amazon.de nicht schon allein irreführend gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG und aus diesem Grunde wettbewerbswidrig, weil der Anbieter nicht durch einen zusätzlichen Hinweis klarstellt, um welchen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt.
Stellt man Angebotspreise durchgestrichenen Preisen (Streichpreis) gegenüber, so müsse aus der Werbung klar und deutlich erkennbar sein, was der durchgestrichene Preis darstellt. Die Vorinstanz habe insoweit zu Recht angenommen, der durchgestrichene Preis in der streitgegenständlichen Werbung bezeichne aus Sicht der Verbraucher eindeutig einen früher von dem Werbenden geforderten Preis, der durch den aktualisierten Preis nicht mehr gelten soll. Der von der Klägerin verlangten Erklärung, um welchen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt, bedürfe es in einem solchen Fall deshalb allerdings nicht.
Eine Irreführung im Sinne des UWG liege nur dann vor, wenn die Werbung, also der dargestellte Streichpreis geeignet sei, bei einem bedeutenden Kreis der umworbenen Verbraucher irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Befähigung des Unternehmers oder der beworbenen Leistung hervorzurufen und deshalb die Entscheidung der Verbraucher in entscheidenden Teilen zu beeinflussen. Genau dies sei für die Streichpreise auf der Verkaufsplattform Amazon aber nicht gegeben. Ein wichtiger Punkt sei, dass ein Unternehmer nur eigene Preise für ungültig erklären kann. Dies sei für den Verbraucher zu erkennen.
Wichtige Unterscheidung zwischen Streichpreisen auf Plattformen
Die Klägerin hatte den hier zugrunde liegenden Sachverhalt mit einem Fall verglichen, den das Oberlandesgericht Hamm in der Vergangenheit entscheiden musste. Sie verglich den vorliegenden Fall mit einem, den das OLG Hamm vor einiger Zeit entscheiden musste. Damals urteilte das OLG Hamm, dass Streichpreise auf einer Postenbörse näher erklärt werden müssen. Der Bundesgerichtshof entschied aber, dass der nun entschiedene Fall mit dieser Konstellation nicht vergleichbar sei. Denn Streichpreise auf einer Postenbörse hätten eine ganz andere Bedeutung als Streichpreise auf einer Internet-Verkaufsplattform wie Amazon. Auf Postenbörsen würden nach landläufigem Verständnis Restposten, Zweite-Wahl-Ware, Ladenhüter und Auslaufmodelle sowie Überschussware zu gegenüber dem regulären Einzelhandel äußerst niedrigen Preisen angeboten, sodass die dort gestrichenen Preise keine veralteten Preise darstellen und vielmehr einer Erläuterung bedürfen.
Hatte der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit (Urteil vom 17.03.2011, Az.: I ZR 81/09) noch entschieden, dass Streichpreise, zumindest wenn es sich um Einführungspreise handelt, erklärt werden müssen, stellt die aktuelle Entscheidung eine Erleichterung für die Werbung mit Streichpreisen dar. Denn fehlerhafte Preisdarstellungen sind einer der Hauptgründe für Abmahnungen im Internet-Handel.
BGH, Urteil vom 05.11.2015, Az.: I ZR 182/14