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LG Düsseldorf: Sekundäre Darlegungslast nach BGH-Urteil

Haftungsfragen in Filesharing Streitfällen sind immer wieder Thema der erkennenden Gerichte. Eine weitere richtungsweisende Entscheidung traf das Landgericht Düsseldorf mit seinem Urteil vom 24.02.2016, Az.: 12 S 2 /15. Die Parteien stritten um die angeblich durch den Anschlussinhaber verbreitete illegale Kopie eines Computerspiels.

Zeugnisverweigerungsrecht des Sohnes,
sekundäre Darlegungslast

Der beklagte Anschlussinhaber behauptete, die Tat nicht begangen zu haben. In seinem Haushalt lebte außer ihm noch sein volljähriger Sohn, der ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss hatte. Er hätte auch keine Aufsichts- oder Überwachungspflichten gegenüber dem Sohn gehabt.

Dieser Argumentation folgte das erstinstanzliche Gericht. Der Sohn wurde im gerichtlichen Verfahren als Zeuge benannt – und machte von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, welches ihm als Familienmitglied nach § 383 ZPO zugute kommt. Dem Anschlussinhaber durfte die Verweigerung der Zeugenaussage nicht zum Nachteil gewertet werden.

Die Berufung wurde zurückgewiesen

Die Kläger versuchten, die Entscheidung des Amtsgerichts mit dem Rechtsmittel der Berufung anzugreifen – und scheiterten. Das Landgericht führte in seinem Urteil aus, dass es keine Fehler in der Würdigung des Falles durch das Amtsgericht, erkenne. Insbesondere waren nicht die prozessualen Darlegungs- und Beweislastregeln verletzt worden.

Die klagende Partei hat grundsätzlich die Beweislast in einem gerichtlichen Verfahren. Diese muss also die Tatsachen beweisen, die ihren Anspruch stützen. Dies umfasst auch die Darlegungslast, also das Darlegen der Umstände, die zur Anspruchsentstehung führen. In Fällen des illegalen Verbreitens von Software, Filmen und Spielen im Internet mittels einer Filesharing- Software trifft allerdings den Inhaber des Internetanschlusses eine sogenannte sekundäre Darlegungslast, wenn er behauptet, nicht Täter der Urheberrechtsverletzung zu sein. Das heißt, er muss Umstände darlegen, die erkennen lassen, dass jemand anderes als Täter in Frage kommt.

Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast

Der Anschlussinhaber hat in diesem Fall auch weitergehende Pflichten, wenn beispielsweise mehrere Personen Zugriff auf den Anschluss des Beklagten haben. Er muss so auch eventuell Befragungen bei diesen Personen anstellen und das Ergebnis der Befragung dem Rechteinhaber mitteilen. Die Pflichten des Anschlussinhabers sind dabei von der Rechtsprechung noch nicht abschließend festgelegt, was bei Filesharing-Prozessen durchaus zu weit unterschiedlichen Ausgängen führt. Jedenfalls wurde vom Bundesgerichtshof festgelegt, dass die Darlegungslast nicht so weit reichen darf, dass sie dem Anschlussinhaber eine echte Beweislast auferlegt. Es ist also immer auch auf ein vernünftiges Verhältnis in Bezug auf die Nachforschungspflichten zu achten. Regelmäßig reicht es aus, wenn der Anschlussinhaber die Personen benennt, die eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit hatten und daher als Täter in Betracht kommen.

Tauschbörsen-Urteile des Bundesgerichtshofs

Die Kläger beriefen sich unter anderem bei der Berufung auf das Tauschböre-III-Urteil des Bundesgerichtshofs. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Tauschbörsenurteilen vom letzten Sommer Grundsätze festgelegt, die die täterschaftliche Haftung konkretisieren. Unter anderem enthielt das Urteil Tauschbörse III den Grundsatz, dass eine Täterhaftung für den Anschlussinhaber vermutet würde. Dieser sogenannte Anscheinsbeweis muss dann, will sich der Anschlussinhaber

gegen den Vorwurf wehren, mittels der ihm obliegenden Darlegungslast entkräftet werden. Dies habe im vorliegenden Fall auch das Amtsgericht bei seiner Entscheidung richtig gewürdigt. Die ausführlich dargelegte Behauptung, dass der Vater zur Tatzeit nicht in seiner Wohnung anwesend war und der Sohn während der Abwesenheit des Vaters und Anschlussinhabers die Möglichkeit hatte, die Verletzungshandlung zu begehen, reichte aus um, die Darlegungs- und Beweislast gänzlich auf die Kläger zu verlagern. Diese konnten im Nachgang nicht beweisen, dass der Anschlussinhaber als Täter in Frage kommt, was richtigerweise zur Abweisung der Klage beim Amtsgericht führen musste.

Die Kläger hätten nach Ansicht des Landgerichts beweisen müssen, dass die Behauptung des Beklagten, er wäre zum Tatzeitpunkt nicht in der Wohnung anwesend gewesen, nicht der Wahrheit entsprach, also eine bloße Schutzbehauptung war. Da die Kläger aber unstreitig stellten, dass der Sohn eine Zugriffsmöglichkeit hatte, konnten sie diesen Beweis nicht mehr führen. Das Nutzen des Zeugnisverweigerungsrechts sei keine schuldhafte Erschwerung der Beweisführung, sondern sei als reine Prozessstrategie durchaus zulässig.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Thematik und der Vielzahl von Filesharing-Fällen vom Landgericht Düsseldorf zugelassen.

LG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2016, Az.: 12 S 2 /15

Die Entscheidungen des BGH Tauschbörse I, II, III aus dem Jahr 2015, in der sich maßgeblich mit der sekundären Darlegungslast auseinandergesetzt wurde, haben wir in diesem Blog-Beitrag dargestellt.

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzView Author posts