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BGH: Vergleichende Werbung ist im Grundsatz zulässig

Marken sind geschützt. Vergleichende Werbung mit einer geschützten Marke muss im Einzelfall aber erlaubt sein. In den Medien finden sich vermehrt Angebote, in denen Unternehmen ihre Produkte mit denen von Mitbewerbern vergleichen. Dies ist grundsätzlich erlaubt und nur im Ausnahmefall verboten.

Vergleichende Werbung mit einer Marke

Ob Händler ihre Produkte im Internet als „ähnlich wie“ Produkt xy darstellen dürfen, damit hatte sich jüngst der BGH zu befassen. Die Klägerin in diesem Verfahren stellt selbst Staubsaugerbeutel her und vertreibt diese unter der bekannten Marke „Swirl“. Die Beklagte warb auf ihrer Internetseite ihrerseits mit Staubsaugerbeuteln, die funktionell vergleichbar waren mit denen der Marke „Swirl“. Um dies zu verdeutlichen, verwendete die Beklagte unter anderem die Angebotsüberschrift „4 Vlies – für AEG – alternativ (ähnlich Swirl PH 86)“.

Die Klägerin vertrat die Meinung, dass diese Art der vergleichenden Werbung nicht zulässig sei. Zudem werde der gute Ruf der Marke „Swirl“ ausgenutzt.

Der BGH konnte jedoch in letzter Instanz keinen Wettbewerbsverstoß feststellen. Nach Ansicht der Richter hatte die Beklagte die Marke „Swirl“ in wettbewerbsrelevanter Weise verwendet. Dies sei im konkreten Einzelfall jedoch zulässig gewesen.

Tenor der Entscheidung: Vergleichende Werbung müsse grundsätzlich erlaubt sein. Dies auch dann, wenn es zu einer Verwendung einer geschützten Marke kommt. Es bestehe ein berechtigtes Interesse der Kunden, sich über Eigenschaften und Vorzüge von Waren und Dienstleistungen durch einen Vergleich auch mit bekannten Produkten zu informieren. Hingegen sei der Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung nur begründet, wenn im Rahmen der vergleichenden Werbung nicht nur eine andere Marke genannt werde, sondern weitere Umstände hinzukämen. Das Wettbewerbsrecht hat diejenigen Fälle, in denen diese besonderen Umstände gegeben sind, abschließend geregelt. Liegt ein solcher Fall nicht vor, ist die vergleichende Werbung erlaubt.

Voraussetzung für vergleichende Werbung

Diesem Schema folgend prüft der BGH in dem Urteil in der Folge schulbuchmäßig die Tatbestände, nach denen vergleichende Werbung ausnahmsweise nicht zulässig ist:

Zum ersten sei dies der Fall, wenn ein Vergleich zwischen zwei Produkten stattfindet, obwohl diese nicht den gleichen Anwendungsbereich haben oder unterschiedliche wesentliche Eigenschaften aufweisen.  Im konkreten Fall waren die Staubsaugerbeutel funktionell vergleichbar und konnten damit auch im Wesentlichen für den gleichen Zweck eingesetzt werden.

Zum zweiten sei vergleichende Werbung verboten, wenn die Gefahr einer Verwechselung bestünde. Die Beklagte beschrieb ihre Produkte jedoch als nur „ähnlich“ und gerade nicht als „identisch“. Aus diesem Grund sei nach der Ansicht des BGH unmissverständlich klargestellt, dass der Vergleich zwei verschiedene Produkte betrifft.

Knackpunkt der Entscheidung

Zum dritten darf keine Beeinträchtigung oder Ausnutzung in unlauterer Weise des Rufs der Marke vorliegen. Zwar stellten die Richter fest, dass die Beklagte die Bekanntheit und den guten Ruf der Marke „Swirl“ insofern ausnutzte, als ihre Staubsaugerbeutel durch die Nennung der Marke „Swirl“ eine bessere Platzierung bei Internetrecherchen erzielten. Nach Abwägung aller relevanten Umstände konnte der BGH in diesem Fall jedoch nicht feststellen, dass die Ausnutzung der Marke unlauter ist. Dabei berücksichtige das Gericht in seiner Abwägung die Interessen der Klägerin daran, dass der gute Ruf ihrer Marke zumindest nicht ohne finanzielle Entschädigung ausgenutzt werde gegen die Interessen der Mitbewerber und Kunden, durch vergleichende Werbung informieren zu könne ab.

Im konkreten Fall sprach für das Interesse an vergleichender Werbung, dass die Beklagte Verbraucher auf die Existenz und Gleichwertigkeit ihres Produkts nicht ohne Nennung der Marke „Swirl“ hätte informieren können. Das Gericht argumentierte, dass viele Verbraucher Staubsaugerbeutel nur unter der Bezeichnung „Swirl“ kennen. In diesem Zusammenhang erfolgt die Suche nach Ersatz im Internet regelmäßig nur mit dem Begriff „Swirl“. Die Unlauterkeit der Werbung könne sich im Streitfall nicht daraus ergeben, dass die Beklagte für den Bestimmungszweck der von ihr vertriebenen Staubsaugerbeutel nicht auf Herstellermarken und Typenbezeichnungen von Staubsaugern Bezug nimmt, sondern auf die Marken und Artikelbezeichnungen der Klägerin. Dies würde den Wettbewerb erheblich beeinträchtigen.

Abgrenzung zum Keyword-Advertising

In seinem Urteil setzt sich der BGH weiter mit seiner Keyword-Advertising-Rechtsprechung auseinander. Daran gemessen, sei zwar problematisch, dass die Marke des Klägers und die des Beklagten durch diese Form der vergleichenden Werbung optisch direkt nebeneinander positioniert werden und damit eine wirtschaftliche Nähe zwischen den Parteien suggeriert sei, die tatsächlich nicht vorhanden sei. Im Interesse der Förderung des Wettbewerbs durch vergleichende Werbung sei dies jedoch hinzunehmen

Der BGH folgte auch nicht dem Einwand, die Ausnutzung der Marke sei deshalb unlauter. Der durch Investitionen geschaffene gute Ruf der Marke „Swirl“ sei durch den Vergleich mit den Produkten der Beklagten nicht beeinträchtigt. Hierzu stellte das Gericht klar, dass dies nur dann zur Unlauterbarkeit der Werbung führe, wenn diese verunglimpfend oder herabsetzend wirke. Ein solcher Fall lag jedoch nicht vor.

Zum fünften dürfe vergleichende Werbung ein Produkt nicht als eine Imitation eines Produktes einer geschützten Marke erscheinen lassen. Die Formulierung „ähnlich wie“ enthalte für sich jedoch noch nicht die Aussage, beide Produkte seien gleichwertig.

BGH, Urt. v. 2.4.2015 – I ZR 167/13

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzAutorenbeiträge anzeigen