Alleinstellungsbehauptung: Das OLG Köln hatte die Frage zu klären, ob die Werbeaussage „Surfen im schnellsten Netz der Welt“ aufgrund von nicht erfüllten Alleinstellungsmerkmalen gemäß § 5 UWG irreführend ist. Im vorliegenden Rechtsstreit haben die Richter diese Frage bejaht, da der Internetprovider nicht darauf hingewiesen hat, dass es sich bei dem beworbenen Internetzugang lediglich um eine maximale Geschwindigkeit handelt.
Grundlagen zur Alleinstellungsbehauptung
Die Prozessparteien sind dem Gericht als Wettbewerber auf dem Telekommunikationsmarkt bekannt. Die Beklagte, die V. NRW GmbH, bewarb ihre Internet-Dienstleistungen mit der Aussage „jetzt surfen im schnellsten Netz der Welt“. Ein Zusatz versprach den Kunden Highspeed Internet mit 400 MBit/s. Ferner betonte die Beklagte, kein anderer Provider in Köln würde einen Internetanschluss mit einer derartig hohen Geschwindigkeit anbieten.
Am 17.03.2016 hatte die Klägerin im Vorfeld des Prozesses eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte erwirkt. Die Antragstellerin begründete ihr Vorgehen damit, dass es sich bei den Werbeaussagen der Beklagten um Werbung mit Alleinstellungsmerkmal handelt.
Unstreitig steht fest, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits selbst ein Produkt mit derselben Geschwindigkeit vorbereitet hatte, das Privatkunden zum 01.04.2016 zur Verfügung stand. Sie rügte, das der Werbeaussage „400 MBit/s für Köln“ der Hinweis fehle, dass es sich lediglich um eine Höchstgeschwindigkeit handelt. Hinsichtlich der gleichfalls in der einstweiligen Verfügung gerügten Preisangabe hat die Beklagte auf das Rechtsmittel der Berufung verzichtet.
Als Antragsgegnerin beantragte die Beklagte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Sie bezweifelt einen Verfügungsanspruch, da sie zum Zeitpunkt beziehungsweise während des Werbezeitraums tatsächlich den schnellsten Internetzugang der Stadt Köln angeboten habe. Das Landgericht gab der einstweiligen Verfügung statt, da die angesprochenen Verkehrskreise die Werbeaussagen als Alleinstellungsbehauptung einstufen würden.
Unzulässige Alleinstellungsbehauptung
Diese Alleinstellungswerbung ist jedoch unzulässig, da die Beklagte keinen deutlichen Vorsprung zu ihren Mitbewerbern aufweisen kann. Ferner weist das Gericht darauf hin, dass die Antragsgegnerin selbst einräumt hat, die beworbene Geschwindigkeit von 400 MBit/s nicht konstant zu erreichen. Zudem hat die Antragstellerin im selben Zeitraum gleichfalls ein Produkt zur Verfügung gestellt, das die streitgegenständliche Geschwindigkeit erreicht. Damit entfällt das Alleinstellungsmerkmal der Antragsgegnerin, die gegen diese Entscheidung in Berufung gegangen ist und ihr vollumfänglich entgegentritt.
Sie reklamiert weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal und führt aus, die Antragstellerin habe nicht glaubhaft darlegen können, dass die angesprochenen Verkehrskreise von einer gewissen Beständigkeit hinsichtlich der Surfgeschwindigkeit ausgingen. Die Berufung ist zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn die Richter am OLG Köln schließen sich der Rechtsauffassung der Vorinstanz und der Antragstellerin an.
Ferner hat das Landgericht angenommen, dass die Werbeaussagen der Antragsgegnerin eine Alleinstellungsbehauptung enthält, die aufgrund der nicht konstant erreichen Geschwindigkeit von 400 MBit/s irreführend ist. Zudem hätte die V NRW GmbH einen eindeutigen Leistungsvorsprung von gewisser Dauer zu ihren Mitbewerbern haben müssen, der jedoch weder zum Zeitpunkt der Werbung noch danach erreicht wurde.
Die Irreführung kann auch später noch eintreten, wenn die Werbeaussagen nicht mehr zutreffend sind. Die Entscheidung, ob ein Vertragsabschluss aufgrund der streitgegenständlichen Werbeaussagen zustande kommt oder nicht, treffen die angesprochenen Verkehrskreise nicht sofort, sondern durchaus einige Zeit später. Zu diesem Zeitpunkt kann die Werbemaßnahme jedoch bereits abgelaufen und ein Mitbewerber auf dieselbe Internetgeschwindigkeit gekommen sein wie die Antragsgegnerin.
Der Einwand der Beklagten, die Telekommunikationsbranche sei äußerst schnelllebig und innovationsfreudig, greift nicht, da sich ein Großteil der Verbraucher nicht über die technischen Innovationen bewusst ist. Was die beworbene Internetgeschwindigkeit angeht, hätte die streitgegenständliche Werbeaussage „bis zu 400 Mbit/s“ lauten müssen, um eine Irreführung zu vermeiden, denn dieser einschränkende Zusatz ist den Verbrauchern bekannt.
OLG Köln, Urteil vom 10.03.2017, Az.: 6 U 124/16