Das Landgericht Leipzig hatte darüber zu entscheiden, ob den abgemahnten Internetanschluss-Inhaber eine vorprozessuale Aufklärungspflicht hinsichtlich der Täterbenennung in einem Filesharing-Verfahren trifft, oder die Benennung nach Klageerhebung genügt. Die Richter verneinten diese Frage mit der Begründung der sekundären Darlegungslast, die den Anschlussinhaber ausschließlich im Rahmen des Rechtsstreits trifft. Im vorliegenden Fall bedeutet diese richterliche Entscheidung, dass der abgemahnte Anschlussinhaber seiner Verpflichtung, den wahren Täter des Filesharings erst im Rahmen des Prozesses zu benennen, ausreichend nachgekommen ist.
Der Beklagte ist ein Familienvater, von dessen Internetanschluss aus das Computerspiel „Dead Island“ im Fileharing-Verfahren hochgeladen wurde. Die Klägerin, die Media Koch GmbH, die die Rechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel hält, mahnte den Familienvater vor Prozessbeginn ab. Eine einvernehmliche außergerichtliche Vereinbarung zwischen den Parteien war nicht möglich. Daraufhin wählte die Koch Media GmbH den Rechtsweg und verklagte den Familienvater. In dem Verfahren ging es um Schadenersatz und Ersatz der Abmahnkosten aufgrund der Urheberrechtsverletzung.
Täterbenennung genügt im Filesahring-Verfahren erst innerhalb des gerichtlichen Verfahrens
Im Verlauf des Prozesses verteidigte sich der Beklagte. Er führte an, der Ex-Freund seiner Tochter habe das Computerspiel im Filesharing-Verfahren mit seinem Internetanschluss heruntergeladen. Die Richter am Landgericht Leipzig wiesen die Klage ab. Der Familienvater ist als beklagte Prozesspartei seiner Nachforschungspflicht im Wege der sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen. Mit der Benennung des Ex-Freundes seiner Tochter als „Täter“ hat der beklagte Familienvater alles getan, um die Sachklage aufzuklären.
Eingeschränkte Störerhaftung
Die Störerhaftung scheidet gleichfalls aus, da die regelmäßige Rechtsprechung aufgrund der Lebenserfahrung davon ausgeht, dass Anschlussinhaber ihren Gästen und Mitbewohnern regelmäßig das WLAN-Passwort für ihren Internetzugang geben. Die Klägerin ging erfolglos in Berufung. Auch der Bundesgerichtshof stützt die Rechtsaufassung des Landgerichts Leipzig, denn die BGH-Richter hatten zwischenzeitlich entschieden, dass den Anschlussinhaber keine anlasslose Überwachungs- und Belehrungspflicht trifft, wenn er seinen volljährigen Mitbewohnern oder Gästen Zugang zu seinem Internetanschluss gewährt (I ZR 19/16). Diese Entscheidung zieht demzufolge die eingeschränkte Störerhaftung nach sich.
Der beklagte Familienvater hatte den volljährigen Ex-Freund seiner Tochter nicht darüber aufzuklären, dass die Benutzung von Filesharing-Börsen illegal ist. Der Beklagte hatte sich zwar im Vorfeld des Prozesses geweigert, den Täter zu benennen, der von der Klägerin geforderte Schadenersatz scheidet jedoch aus, da die Abmahnung mangels Täter- beziehungsweise Störerhaftung aus rechtlichen Gesichtspunkten nicht gerechtfertigt war. Der Anschlussinhaber muss den wahren Täter vor Gericht lediglich angeben, um Haftungsansprüchen gegen ihn selbst zu entgehen. Will die Klägerin Ansprüche aufgrund einer Urheberrechtsverletzung durchsetzen, muss sie gegen den Ex-Freund der Tochter des Beklagten gerichtlich vorgehen.
Auswirkung der Filharing-Entscheidung auf Anschlussinhaber?
Mit dem vorliegenden Urteil des LG Leipzig und der Rechtsprechung des BGH besteht hinsichtlich des Themas Filesharing, das die Gerichte wiederholt beschäftigt, zumindest eine gewisse Rechtssicherheit. Dies bedeutet zwar nicht, dass sich grundsätzlich jeder, der einen Internetanschluss in fremden Haushalten nutzt, der Haftung entziehen kann. Die betroffenen Anschlussinhaber können sich aufgrund der eingeschränkten Störerhaftung jetzt jedoch besser gegen Ansprüche der jeweiligen Rechtsinhaber wegen Urheberrechtsverletzung wehren. Sie kommen ihrer sekundären Beweislast im Rahmen des streitigen Verfahrens ausreichend nach, indem sie den wahren Täter vor Gericht benennen.
Eine vorgerichtliche Abmahnung entbehrt jeder Rechtsgrundlage, da die abgemahnte Partei nicht dazu verpflichtet ist, den Täter vor Prozessbeginn zu benennen. Daher sollten betroffene Anschlussinhaber auch angesichts der scheinbaren Drucksituation nicht nachgeben und den Namen des Täters vorgerichtlich nicht ungeprüft herausgeben.
LG Leipzig, Beschluss vom 13.04.2017, Az. 05 S 487/16
Nunmehr hat sich auch der BGH zu dieser Thematik positioniert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es ausreicht, einen Täter erst innerhalb des gerichtlichen Verfahrens zu benennen. Verfahrenskosten muss der Anschlussinhaber in diesem Fall nicht tragen: BGH: Anschlussinhaber muss Täter außergerichtlich nicht benennen.