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Negative Bewertungen – BGH positioniert sich eindeutig

Bewertungen von Kunden sind für die Onlinehändler extrem wichtig. Positive Bewertungen können den Verkauf durchaus fördern, wenige negative Bewertungen (manchmal eine einzige) können ihn stark hemmen. Händler wehren sich daher bisweilen sogar gerichtlich gegen nicht gerechtfertigte schlechte Bewertungen. Das hat allerdings Grenzen, wie jetzt der BGH entschieden hat. Der Bundesgerichtshof hat sich damit eindeutig positioniert.

In dem nachfolgenden Beitrag werden gleich zwei BGH-Urteile besprochen. Zum einen geht es um die Abgrenzung zwischen zulässiger Meinungsäußerung und rechtsverletzender Schmähkritik. Zum anderen behandelt das zweite Urteil eine aktuelle Entscheidung vom 9.8.2022, nach dem eine Pflicht zum Löschen einer Bewertung besteht, sofern der Kundenkontakt bestritten wurde.

1. BGH-Urteil zu negativer Bewertung auf eBay: Meinungsäußerung/Schmähkritik

Ein eBay-Verkäufer hat sich über mehrere Instanzen bis zum Bundesgerichtshof gegen eine eBay-Bewertung mit dem Wortlaut „Ware gut, Versandkosten Wucher!“ gewehrt und letztlich in höchster Instanz verloren. Er wollte diese Kundenbewertung als unzulässige Schmähkritik und gleichzeitig Verstoß gegen die AGB von eBay untersagen lassen, scheiterte damit aber vor dem höchsten deutschen Gericht. Die betreffende eBay-Bewertung sei keine Schmähkritik und auch keine nachvertragliche Nebenpflichtverletzung, urteilten die Richter am BGH (Urteil vom 28.09.2022, Az.: VIII ZR 319/20).

Der Fall im Detail

Ein Käufer hatte auf eBay vier Gelenkbolzenschellen erworben. Der Warenpreis betrug 14,36 Euro, die Versandkosten lagen bei 4,90 Euro. Dies erschien dem Käufer als Missverhältnis zwischen Warenpreis und Versandkosten. Allerdings stimmen Käufer vor der Transaktion den AGB von eBay zu. Im vorliegenden Fall bewertete der Käufer nach dem Erhalt seiner Bestellung das betreffende Geschäft mit den oben genannten Worten, wogegen sich der Händler zunächst bei eBay und anschließend – nachdem eBay eine Löschung des negativen Eintrags verweigert hatte – vor dem AG Weiden wehrte. Der Händler wollte die Löschung des Eintrags um jeden Preis durchsetzen. Auch vor dem Amtsgericht unterlag er allerdings.

AG Weiden betrachtete negative Bewertung als unzulässig

Die Richter am Amtsgericht Weiden bewerteten die Kundenrezension mit dem Begriff „Wucher“ als Werturteil mit Sachbezug und nicht als Schmähkritik, wie sie der Händler auffasste. Die Äußerung beziehe sich auf die Versandkosten und sei zulässig, hieß es im erstinstanzlichen Urteil. Dagegen legte der Händler Berufung vor dem Landgericht Weiden ein, wo er einen Teilerfolg verbuchen konnte: Tatsächlich urteilten die dortigen Richter, dass die Bewertung gegen das Sachlichkeitsgebot der ABG von eBay verstoße (§ 8 Nr. 2 S. 2). Demnach sind Nutzer auf eBay angehalten, ihre Bewertungen sachlich und wahrheitsgemäß zu verfassen.

Schmähkritik ist ihnen untersagt. Aus dem Urteil des LG Weiden ging nun hervor, dass der Begriff „Wucher“ für die Versandkosten eine überspitzte Beurteilung sei, welcher der sachliche Bezug fehle. Für einen unvoreingenommenen Leser sei nicht erkennbar, warum die Versandkosten ein „Wucher“ sein sollen. Somit habe der Käufer dem Händler einen Schaden zugefügt, weil er dessen Verkaufschancen unberechtigt minderte. Nach diesem Urteil hätte eBay die betreffende Bewertung löschen müssen, ging aber dagegen seinerseits in Berufung. Der Fall landete daher vor dem Bundesgerichtshof.

BGH: Bewertung unzulässig

Der BGH urteilte im Sinne von eBay und damit auch des Kunden. Demnach überschreite eine Darstellung wie „Versandkosten Wucher!“ nicht die Grenze zur unerlaubten Schmähkritik. Dem steht das im Grundgesetz verankerte Grundrecht auf Meinungsfreiheit entgegen (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). Dieses lege den Begriff der Schmähkritik sehr eng aus. Auch überzogene, sogar ausfällige und ungerechte Kritiken sind noch längst keine Schmähung. Zu dieser komme es erst, wenn eine Person diffamiert werde, was im vorliegenden Fall nicht erkennbar sei.

2. BGH: Bestreiten des Kundenkontakts genügt für Löschpflicht

Mit Urteil vom 9.8.2022 (Az. VI ZR 1244/20) beschäftigte sich der BGH mit einem Sachverhalt, bei dem es zu einer Abgabe mehrerer Bewertungen unter einem Phantasienamen kam. Verfasser der Bewertungen waren beispielsweise Sandra, Nadine, etc.

Das betroffene Hotel wendete sich an die Bewertungsplattform und forderte die Entfernung dieser Bewertung. Als Grund führte das Hotel an, dass keine Geschäftsbeziehung zu den Personen, die die Bewertungen abgegeben haben, bestanden hat. Die Bewertenden seien also nicht Gäste des Hotels gewesen.

Die Bewertungsplattform kam der Löschaufforderung nicht nach und forderte die Personen, die die Bewertungen abgegeben haben, auch nicht Stellungnahme auf.

Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass die Bewertungen zu löschen sind. Danach genügt die Rüge des Hotels dahingehend, dass kein Gästekontakt bestanden hat. Das Hotel ist insbesondere nicht verpflichtet zu begründen oder nachzuweisen, dass ein Gästekontakt bestanden hat. Dies gilt selbst dann, wenn – wie in dem vorliegenden Fall (beispielsweise Fotos) – Angaben vorliegen, die für eine Gästekontakt sprechen. Grund dafür bildet, dass das Hotel grundsätzlich nicht prüfen kann, ob der behauptete Gästekontakt auch tatsächlich vorgelegen hat. Einer Begründung und eines Nachweises durch das Hotel bedarf es schließlich nur dann, wenn die Identität des Bewertenden für das Hotel ohne weiteres aus der Bewertung hervorgeht. Nur dann ist es dem Hotel nämlich möglich, konkret zu prüfen, ob die Person, die die Bewertung abgegeben hat, auch tatsächlich Gast im Hotel war.

Fazit

Liegt eine negative Bewertung vor, die anonym oder unter einem Pseudonym abgegeben wurde, kann eine Entfernung aufgrund der Rechtsprechung des BGH unkompliziert erreicht werden.

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzView Author posts