Nachweis des E-Mail-Versands ist kein Anscheinsbeweis für den E-Mail-Zugang
Wer eine Kommunikation per E-Mail im Zweifelsfall juristisch nachweisen möchte, wie es beispielsweise bei einer Vertragskündigung der Fall ist, muss elektronisch in seinem Mail-Account eine Lesebestätigung einrichten. Der bloße Nachweis des Absendens ist kein Anscheinsbeweis, dass der Empfänger die Mail erhalten und vor allem auch gelesen hat. Dies geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichtes Hamm hervor (OLG Hamm, Beschluss vom 10.08.2023, Az.: 26 W 13/23).
E-Mail als Nachweis für Zugang
Das OLG Hamm hatte bei einem Rechtsstreit zu entscheiden, ob der Empfänger eine Mail zur Kenntnis genommen hatte. Es verhandelte den Fall bereits in zweiter Instanz. Die Vorinstanz war das Landgericht Hagen. Es hatte entschieden, dass es keinen Anscheinsbeweis für den Zugang der E-Mail gebe, weil es technisch möglich sei, dass sie trotz des – aus Absendersicht – ordnungsgemäßen Versands den Empfänger nicht erreicht.
Das OLG Hamm befürwortete zwar grundsätzlich den Anscheinsbeweis. Demnach solle es genügen, dass ein Absender mit seinem eigenen E-Mail-Postfach belegen kann, dass er die Nachricht verschickt hat. Dennoch sei unbestritten, dass es in seltenen Fällen das technische Phänomen gebe, dass die Mail beim Versender als ordnungsgemäß übermittelt gekennzeichnet wird, obwohl sie beim Empfänger nicht ankommt.
Zweitens sei der Empfang auf dem Gerät des Adressaten kein Beweis dafür, dass dieser die Mail auch gelesen habe. Absender müssten daher eine Lesebestätigung einrichten, was mit den meisten E-Mail-Programmen möglich sei. Diese sei ein gerichtsfester Nachweis des Zugangs. Eine Lesebestätigung belegt nicht nur, dass die E-Mail angekommen ist, sondern auch, dass sie der Empfänger geöffnet hat.
Ähnliche Urteile zum E-Mail-Zugang
Andere Gerichte hatten zuvor ähnlich geurteilt, so das OLG Köln am 05.12.2006 (Az.: 3 U 167/05), das AG Frankfurt am 23.10.2008 (Az.: 30 C 730/08-25), das LG Hagen per Beschluss im März 2023 (Az.: 10 O 328/22) und der Bundesgerichtshof per Beschluss am 17. Juli 2013 (Az.: I ZR 64/13).
Die vorherrschende Auffassung lautet, dass die Vorschrift des § 130 BGB den sicheren Zugang von abgegebenen Willenserklärungen verlangt. Die ständige Rechtsprechung der letzten rund 30 Jahre, mithin seit dem Aufkommen von E-Mail-Verkehr, sieht den sicheren Zugang als gegeben an, wenn der Empfänger nach „allgemeinen Umständen“ von der Nachricht Kenntnis erlangen kann.
Eine versendete Mail soll auf dem Server des Providers eingehen und von diesem dann zum Postfach des Empfängers gelangen, was technisch aber nicht gewiss ist. Dasselbe betrifft schriftliche Post. Das Risiko der fehlenden Zustellung darf nicht dem Empfänger der Nachricht aufgebürdet werden. Da der Versender die Variante der Übermittlung wählt, liegt das Risiko der fehlenden Zustellung bei ihm. Diesem Risiko kann er im Fall der E-Mail mit der Lesebestätigung vorbeugen. In den zitierten Fällen hatten die Absender stets einen Screenshot ihres E-Mail-Postfachs vorgelegt, der den Versand der Mail belegen sollte. Sämtliche Gerichte hatten geurteilt, dass dieser als Beweislast nicht ausreiche.