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Heilmittelwerberecht – Werbung mit Risiken und Nebenwirkungen

Die Vermarktung von Arzneimitteln stellt einen wichtigen Wirtschaftszweig dar. Die Konkurrenz ist groß. Daher besteht insbesondere für Pharmaunternehmen ein gesteigertes Interesse, die eigenen Produkte zu bewerben. Werbung im Bereich des Gesundheitswesens ist jedoch nicht ganz unproblematisch. Nicht zuletzt wegen der gesundheitlichen Risiken für den Konsumenten durch die Einnahme von bestimmten Präparaten. Aus diesem Grund bestehen einige gesetzliche Vorgaben und Beschränkungen hinsichtlich der Werbung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten.

Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) bildet die gesetzliche Grundlage für das Werben mit Arzneimitteln und Medizinprodukten. Im Wesentlichen ist dieses Gesetz als Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht ausgestaltet. Das HWG findet Anwendung auf die Werbung für Arzneimittel i.S.d. § 2 des Arzneimittelgesetzes, Medizinprodukte i.S.d. § 3 des Medizinproduktegesetzes, andere Mittel, Verfahren und Behandlungen, sowie Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch und Tier bezieht. Unter anderen Mitteln sind kosmetische Mittel i.S.d. Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes zu verstehen. Mit Gegenständen sind Gegenstände zur Körperpflege gemeint. Ebenfalls erfasst sind plastisch-chirurgische Eingriffe, soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht. Werbung i.S.d. Heilmittelwerbegesetzes ist jede Art von Wirtschaftswerbung sowohl für eigene, als auch für fremde Produkte.

Wer ist von den gesetzlichen Regelungen betroffen?

Die gesetzlichen Regelungen richten sich an alle Werbungstreibenden. Dazu zählen pharmazeutische Unternehmer, Vertreiber, Importeure, Großhändler, Einzelhändler, Apotheker, Ärzte, Pharmaberater, Werbeagenturen, sowie verantwortliche Redakteure und Anzeigenleiter, sofern sie für den Werbeinhalt verantwortlich sind.

Ziel ist der Gesundheitsschutz

Primäres Ziel des Heilmittelwerberechtes ist es den Gesundheitsschutz für den Verbraucher zu gewährleisten. Arzneimittel und Medizinprodukte bergen eine Reihe von Risiken für den möglichen Konsumenten. Zu nennen sind insbesondere Nebenwirkungen von Arzneien. Diese können je nach Art des Präparats und der Dosis mitunter schwerwiegende gesundheitliche Folgen für den Konsumenten haben. Daher bedarf es gewisser Einschränkungen hinsichtlich der Vermarktung bestimmter Präparate. Manche Arzneimittel müssen auf Grund der hohen Risiken, die mit ihrer Einnahme verbunden sind, gänzlich vom Werberecht ausgeschlossen werden. Vermieden werden sollen ebenfalls Fehlinformationen und falsche Werbeversprechen, die den Verbraucher in die Irre führen und Hoffnungen auf Heilungschancen wecken, die aus wissenschaftlicher Sicht nicht eintreten können. Das Heilmittelwerberecht hat somit verbraucherschützende Wirkung.

Wie weit darf Werbung im Gesundheitswesen also gehen?

Das Recht Arzneimittel zu bewerben findet jedenfalls dort seine Grenzen, wo der Verbraucher getäuscht und die Irre geführt wird. Eine Irreführung liegt dann vor, wenn das Heilmittel nicht die therapeutische Wirksamkeit hat, die beworben wird. Für die Annahme, dass die therapeutische Wirkung nicht besteht reicht es aus, wenn keine hinreichend gesicherten wissenschaftlichen Angaben vorliegen. Irreführung meint auch den Eindruck des sicheren Anwendungserfolges suggerieren oder über die Beschaffenheit, Zusammensetzung oder den Hersteller des Heilmittels zu täuschen. Die vorsätzliche irreführende Werbung steht gem. § 3 HWG unter Strafe. Ein derartiger Verstoß kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden. Sie stellt zugleich die einzige Straftat des Heilmittelgesetzes dar. Alle anderen Verstöße sind Ordnungswidrigkeiten gem. § 15 HWG. Zu diesen Verstößen gehören unter anderem die fahrlässige Irreführung, das Werbeverbot für nicht zugelassene Arzneimittel, die der Zulassungspflicht unterliegen (§ 3a HWG), das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel und Psychopharmaka (§ 10 HWG) und das Werbeverbot außerhalb der Fachkreise (§ 11 HWG), wo bestimmte Einschränkungen hinsichtlich der Art und Weise der Werbung getroffen werden. So dürfen außerhalb der Fachkreise beispielsweise keine Vorher-Nachher-Fotos gezeigt werden oder mit den Werbeaussagen Angstgefühle hervorgerufen oder ausgenutzt werden. Es handelt sich um sogenannte Publikumswerbeverbote. Wohingegen sich das Verbot von Werbegaben gem. § 7 HWG unter anderem auch auf die Fachkreiswerbung bezieht. Hier geht es im wesentlichen darum, die Beeinflussung von z.B. Ärzten zu verhindern. Werden die gesetzlichen Vorschriften nicht eingehalten, können im schlimmsten Falle Geldbußen von bis zu 50.000 Euro gefordert werden.

Auch privatrechtliche Konsequenzen drohen

Das Heilmittelwerbegesetz ist wie eingangs beschrieben, als Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht ausgestaltet. Eine Zivilrechtliche Ahndung von Verstößen kann über diese gesetzlichen Bestimmungen nicht erfolgen. Die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind gem. § 17 HWG jedoch ebenfalls anwendbar. Die Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz sind gem. §§ 4 Nr. 11, 3, 8 UWG unlautere Handlungen. Diese berechtigen Mitbewerber und Verbraucherverbände zur wettbewerbsrechtlichen Abmahnung. Der Vorwurf eines Mitbewerbers wird sich in der Regel auf das Ausnutzen eine Wettbewerbsvorsprungs richten. Weiterhin können mitunter auch Schadensersatzansprüche gem. § 823 II des Bürgerlichen Gesetzbuches der Mitbewerber oder auch der Verbraucher entstehen, sofern ihnen durch das Zuwiderhandeln des Werbungstreibenden ein Schaden entstanden ist.

Fazit zum Heilmittelwerberecht

Der Handel mit Arzneimitteln und Medizinprodukten ist für den Verbraucher mit erheblichen Risiken verbunden. Er muss sich mangels Kenntnis auf die Aussagen der Verantwortlichen verlassen können. Da ein besonders sensibler Bereich, die Gesundheit des Verbrauchers, betroffen ist, müssen die gesetzlichen Vorgaben zwingend eingehalten werden.

Auch im eigenen Interesse sollten sich Werbungstreibende genauestens informieren und besondere Sorgfalt in die Erstellung ihrer Werbung legen. Es ist zu empfehlen einen Fachanwalt für Medizin- oder Wettbewerbsrecht hinzu zu ziehen. Die rechtlichen Folgen können schwerwiegend sein. Der werbende Unternehmer sieht sich dann unter Umständen mit hohen Bußgeldern, kostspieligen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen oder auch Schadensersatzansprüchen konfrontiert.

Wenn eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch einen Mitbewerber erfolgt ist, sollte nicht vorschnell gehandelt werden. Fatal wäre es z.B. eine strafbewährte Unterlassungserklärung ohne rechtliche Prüfung zu unterschreiben, da diese ein vertragliches Verhältnis zum Abmahnenden begründet. Dieses vertragliche Verhältnis ist, sofern es wirksam geschlossen wurde, grundsätzlich bindend und nur schwer zu revidieren.

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzView Author posts