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Widerrufsrecht bei Variationen eines Artikels

Die individuelle Herstellung von Waren aufgrund bestimmter Kundenwünsche bringt immer das Risiko mit sich, dass bei einem Rücktritt des Kunden vom Kauf die Ware aufgrund einer zu speziellen Ausführung keinen Abnehmer mehr findet. Dieser Gefahr tritt der Gesetzgeber entgegen, indem er für solche Fälle einen Ausschluss des Widerrufsrechts gestattet. Immer wieder kommt es allerdings zu Unstimmigkeiten und auch unterschiedlichen Meinungen verschiedener Gerichte, wenn es darum geht zu klären, ab wann ein Produkt als so individualisiert bestellt gilt, dass das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist.

Individuelle Auswahl eines Artikels nicht gleichbedeutend mit individualisierter Herstellung

Das gesetzliche Widerrufsrecht ist ausgeschlossen, wenn Lieferverträge für Waren bestehen, deren Anfertigung noch aussteht und vollkommen auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche des Kunden ausgerichtet ist. Hierzu zählt aber eigentlich keine Ware, die sich der Kunde aus verschiedenen angebotenen Möglichkeiten, Varianten und Kombinationsmöglichkeiten zusammengestellt hat, auch wenn individuelle Wünsche zu der Bestellung geführt haben. Denn wenn verschiedene Ausführungen angeboten werden, wie es oft auch bei Online-Shops der Fall ist, ist die darauffolgende Wahl des Verbrauchers nicht so individualisiert, dass die Artikel nicht auch anderweitig verkauft werden können. So ist beispielsweise ein Sofa, das der Kunde sich online in bestimmten Farben zusammengestellt und dann bestellt hat, nach seinem Widerruf für den Händler durchaus noch verwertbar, ohne dass finanzielle Verluste entstehen. Der Händler kann in solchen Fällen auch nicht damit argumentieren, dass die Herstellung des Sofas erst nach der Bestellung und nur anhand der Wünsche erfolgte.

Je mehr Kombinationsmöglichkeiten,
desto unwahrscheinlicher das Widerrufsrecht

Bei Artikeln, die vom Kunden in verschiedenen Ausführungen bestellt werden können, gehen die Meinungen und gerichtlichen Entscheidungen aber schon auseinander. So befasste sich das Amtsgericht Dortmund mit einem Sofa, dass in verschiedenen Farben, entsprechenden Kombinationen und unterschiedlichen Liegepositionen zu bestellen und dadurch in insgesamt 578 verschiedenen Ausführungen erhältlich war. Wie auch in einem Urteil vom Landgericht Düsseldorf vom 12.02.2014 (Az.: 23 S 111/13) wurde gegen das Widerrufsrecht entschieden, weil eine derart große Auswahl doch ein sehr individuelles Produkt zur Folge hat, das nicht ohne weiteres andere Abnehmer findet. Auch das Amtsgericht Siegburg war in einem Urteil vom 25.09.2014 (Az.: 115 C 10/14) bei einem Sofa mit „nur“ 100 Kombinationsmöglichkeiten dieser Meinung.

Da es aber letztendlich immer eine Einzelfallentscheidung ist, ist es sehr wichtig, sich im Zweifelsfall anwaltliche Hilfe zur Seite zu nehmen, um mit einem großen Erfahrungsschatz des Anwalts herauszufinden, welche Möglichkeiten gegeben sind. Denn bei einem individuell bestellten Produkt ist das Widerrufsrecht keineswegs von vornherein ausgeschlossen.

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzView Author posts