Das Landgericht Frankfurt hat Facebook mit Urteil vom 3. September 2020 (Az. 2-03 O 48/19) teilweise gerügt, weil es einen Onlinebeitrag rechtswidrigerweise gelöscht und das Nutzerprofil des Verfassers gesperrt hatte.
Zum Hintergrund der Entscheidung gegen Facebook
Der User M. postete am 24.12.2018 auf Facebook einen Beitrag, der den meisten Deutschen unterstellte, sie seien „Nazis“. Hieraufhin löschte Facebook den Beitrag mit dem Hinweis, dass dieser als sog. Hassrede nicht den Nutzungsbedingungen entspreche. Darüber hinaus sperrte das Unternehmen das Nutzerprofil. In der Folge wehrte sich M. gegen dieses Vorgehen, woraufhin Facebook den Beitrag wiederhergestellt und die Kontosperre aufgehoben hat.
Vor Gericht begehrte der Kläger M. anschließend die Feststellung des vertragswidrigen Verhaltens sowie hilfsweise einen Antrag auf Korrektur der gespeicherten Daten zu dem Vorgang. Ferner stellte der Kläger einen Unterlassungsanspruch, der sicherstellen soll, dass Facebook den in Rede stehenden Beitrag zukünftig nicht löschen oder das Nutzerprofil sperren wird. Zuletzt fordert der Kläger Schadensersatz.
Unzulässige Sperrung und Löschung durch Facebook
Das Gericht erklärt die Klage für nur teilweise zulässig. Da der Beitrag wiederhergestellt und das Nutzerkonto wieder entsperrt ist, gibt es kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung.
Kein Anspruch auf Datenkorrektur: Der hilfsweise gestellte Antrag auf Korrektur von Daten ist ebenfalls unbegründet. M. kann keine Korrektur von Daten nach Art. 16 DSGVO verlangen, weil die mit dem Beitrag in Verbindung stehenden Daten lediglich Werturteile der Beklagten und keine Tatsachen waren. Im Übrigen hat Facebook seine Entscheidung widerrufen und damit die Daten selbstständig bereinigt.
Unterlassungsanspruch
Allerdings hat M. einen Anspruch darauf, dass Facebook es unterlässt, den Beitrag erneut zu löschen, denn die Löschung war rechtswidrig.
Die Grundlage für diesen Unterlassungsanspruch ist das berechtigte Interesse an der Erfüllung der Vertragsbeziehung zwischen M. und Facebook. Unter der Berücksichtigung der Drittwirkung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung darf M. Beiträge posten, die seine persönliche Meinung widerspiegeln, solange die Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG berücksichtigt sind.
Im Sinne der Wechselbeziehung zwischen Schutzbereich und Schranken nach der Lüth-Rechtsprechung muss zur Bewertung des Verhaltens von Facebook auch ihr schützendes Interesse nach Art. 12 Abs. 1 GG berücksichtigt werden. Hiernach kann Facebook Beiträge löschen und Nutzer sperren, wenn 1. der Tatbestand der Beleidigung erfüllt ist und/oder 2. die Nutzungsbedingungen von Facebook verletzt sind, insbesondere der Tatbestand der Hassrede nach eben diesen erfüllt ist.
In Anbetracht des Kontextes stellt das Gericht fest, dass der Kläger sich maßgeblich mit der feindlichen Gesinnung gegenüber Flüchtlingen eines politisch rechten Spektrums, deren Angehörige der Kläger als „Nazis“ bezeichnet, auseinandersetzt. Es handelt sich bei seinem Post ausdrücklich nicht um eine Schmähkritik. Bei der Wortwahl „die meisten Deutschen“ fehl insbesondere die Verbindung zu einer bestimmten Person oder auch zu einer bestimmbaren, individualisierbaren Gruppe.
Es ist auch nicht der Tatbestand der Hassrede erfüllt, weil mit dem Beitrag niemand wegen seiner Herkunft angegriffen wird. Stattdessen werden viele Deutsche aufgrund ihrer politischen Position kritisiert.
Kein Schadensersatzanspruch
Der begehrte Schadensersatz wird abgelehnt. Es mangelt an einer schwerwiegenden Beeinträchtigung. Dem Kläger war es durchaus möglich, andere soziale Netzwerke zu benutzen, um Kontakt zu Personen aufzunehmen.