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Bewertungsportal: Betreiber haftet nicht für Bewertung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Betreiber eines Bewertungsportals nicht grundsätzlich für die unwahre Tatsachenbehauptung eines Nutzers haftet (BGH, Urteil vom 19.03.2015, Az.: I ZR 94/13). In dem Fall klagte ein Hotelier gegen die Betreiberin eines Hotelbewertungsportals. Nachdem bereits die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, wies nun der Bundesgerichtshof die Revision zurück.

Bewertungsportale sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Mittlerweile können wir über das Internet mit anderen Menschen Erfahrungsberichte über fast alles teilen – ob nun Onlineshops, Ärzte oder eben Hotels. Aber wie sieht die Rechtslage für den Betreiber eines solchen Portals aus, wenn ein Nutzer auf der Seite eine Bewertung schreibt, die inhaltlich unzutreffend ist?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Betreiber eines solchen Bewertungsportals nicht ohne Weiteres für unwahre Behauptungen eines Nutzers haftet.

Bewertungsportal: Klage gegen Betreiber wegen unwahrer Bewertung

Vor dem BGH stritten die Inhaberin eines Hotels und die Betreiberin einer Hotelbewertungsplattform. Auf dem Bewertungsportal ist es Nutzern möglich, Hotels unter verschiedenen Gesichtspunkten mit Noten auf einer Skala von eins (sehr schlecht) bis sechs (sehr gut) zu bewerten. Außerdem können die Nutzer entscheiden, ob sie das Hotel weiterempfehlen oder nicht. Aus den einzelnen Noten errechnet die Beklagte einen Durchschnittswert und eine Weiterempfehlungsrate.

Ein automatischer Wortfilter prüft die Beiträge unter anderem auf Beleidigungen und Schmähkritik. Beiträge, welche die Software als unbedenklich einstuft, werden sofort veröffentlicht. Andere Kommentare werden durch Mitarbeiter der Beklagten manuell geprüft und dann gegebenenfalls freigegeben.

Ein Nutzer hatte auf der Internetseite eine Bewertung unter der Überschrift „Für 37,50 Euro pro Nacht und Kopf im Doppelzimmer gabs Bettwanzen“ für das Hotel der Klägerin abgegeben. Diese sah sich durch diese Äußerung in ihren Rechten verletzt. Sie mahnte die Beklagte über ihren Anwalt ab und forderte die Beklagte auf, künftige Äußerungen dieser Art zu unterbinden. Außerdem verlangte sie die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die Beklagte sollte ihr versichern, eine Vertragsstrafe an sie zu zahlen für den Fall, dass noch einmal eine ähnliche Bewertung auf dem Portal veröffentlicht werden sollte. Die Klägerin war der Auffassung, die Beklagte müsse als Betreiberin für die Kommentare und Bewertungen ihrer Nutzer einstehen. Sie müsse sicherstellen, dass auf ihrem Portal keine Bewertungen mit unwahrem Inhalt veröffentlicht werden.

Bewertungsportal: BGH lehnt Haftung ab

Der BGH hat nun entschieden, dass die Betreiberin des Bewertungsportals nicht ohne Weiteres auf Unterlassung solcher Kommentare haftet. Die Betreiberin verbreite die unwahren Tatsachenbehauptungen der Nutzer nicht im Sinne des Wettbewerbsrechts. Das Portal nehme grundsätzlich eine neutrale Stellung ein und biete lediglich die Plattform für die Abgabe von Bewertungen der Hotelgäste. Solange die Betreiberin diese neutrale Stellung nicht aufgebe und bestimmte Prüfungspflichten beachte, seien ihm die Kommentare Dritter nicht zuzurechnen.

Der Betreiber eines Bewertungsportals ist nach der Entscheidung des BGH verpflichtet, die Beiträge der Nutzer in einem gewissen Umfang zu prüfen, um den Missbrauch seiner Plattform zu verhindern. Dem sei die Beklagte aber nachgekommen, weil sie auf ihrer Internetseite einen automatischen Wortfilter eingerichtet hat. Durch dieses System sei sichergestellt, dass offensichtliche Beleidigungen und Schmähkritik automatisch gefiltert werden. Eine weitergehende Prüfpflicht der Beklagten lehnten die Richter des BGH ab. Der Beklagten sei es nicht möglich, den Inhalt jedes einzelnen Beitrags zu kontrollieren.

Dass die Betreiberin die abgegebenen Noten auswerte und hieraus Durchschnittswerte und Weiterempfehlungsraten errechne, führt nach dem Urteil des BGH nicht dazu, dass sie ihre neutrale Position verlässt. Erst wenn die Betreiberin einen Kommentar trotz des Hinweises auf eine klare Rechtsverletzung nicht unverzüglich beseitigt, verletzt sie ihre Pflichten. Außerdem muss die Betreiberin Maßnahmen treffen, um die Rechtsverletzung künftig zu verhindern.

Weil die Beklagte im vorliegenden Fall aber nach dem Hinweis durch die Klägerin die Bewertung gelöscht hatte, konnten die Richter keinen Wettbewerbsverstoß feststellen. Deshalb hat die Klägerin auch keinen Unterlassungsanspruch gegen die Betreiberin.

BGH, Urteil vom 19.03.2015, A.: I ZR 94/13

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzView Author posts