Zum Inhalt springen

AG München zur sekundären Darlegungslast

In Verfahren, in denen es um Filesharing geht, kommt es oft zu der Frage nach dem wirklichen Täter. Vor allem wenn es sich um Haushalte handelt, in denen nicht nur der Anschlussinhaber, sondern auch Familienmitglieder Zugang zum Internet haben, ist die Beweislage für die Rechteinhaber immer sehr schwierig. Was wiederum gute Verteidigungsmöglichkeiten für Anschlussinhaber zur Folge hat.

In einem kürzlich verhandelten Fall stellte sich dabei das Amtsgericht München allerdings hinter den Rechteinhaber, was ein einschneidendes Urteil zu Lasten der Verbraucher bedeutet. Im Gegensatz zu Aussagen des Bundesgerichtshofes fordert das AG München in einem Urteil vom 09. Oktober 2014 (Az.: 142 C 3977/15) sehr umfangreiche Nachforschungspflichten, die quasi dabei helfen sollen, den Prozess zugunsten der klagenden Partei (Rechteinhaber) zu entscheiden.

Die Entscheidung des AG München
im Bilde der sekundären Darlegungslast

In der betreffenden Verhandlung ging es um eine Anschlussinhaberin, der von einer Anwaltskanzlei durch eine Abmahnung vorgeworfen wurde, über ihren Internetanschluss Filesharing betrieben und somit eine Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Die Beklagte verneinte ihre Schuld und wies zudem daraufhin, dass sie mit Ehemann und zwei Kindern im Haushalt lebt, die alle Zugang zum Internet haben. So könne sie nicht alleine als mögliche Täterin angesehen werden und ein eindeutiger Beweis einer Schuld sei unmöglich. Sie ist sich neben ihrer Unschuld sicher, dass auch der Ehemann nichts mit Tauschbörsen zu tun hat. Die Kinder hatten ebenfalls eine Verantwortlichkeit für die gegenständliche Rechtsverletzung abgestritten und sie könne nicht sagen, wer die Rechtsverletzung tatsächlich begangen habe und auch nicht, ob überhaupt jemand zur Tatzeit zuhause war.

Diese Darlegungen hatten zur Folge, dass das Amtsgericht entschied, dass die Anschlussinhaberin mit den nicht konkreten Aussagen ihrer Nachforschungspflicht nicht nachgekommen sei.

Gegensätzliche Einschätzung des Bundesgerichtshofes
zur sekundären Darlegungslast

Der Bundesgerichtshof hatte dagegen in der Bear-Share-Entscheidung vor allem das Vertrauensverhältnis und die Verbundenheit in einer Familie schützen wollen. Volljährige sind für ihr Tun und Lassen letztendlich selbst verantwortlich, sodass die Anschlussinhaberin nicht dazu verpflichtet sei, ihre volljährigen Familienmitglieder rund um die Uhr zu überwachen und über deren Tätigkeiten – auch im Internet – zu belehren.

Um den vom Amtsgericht München geforderten und als umgekehrte Beweislast zu verstehenden Aussagen gerecht werden zu können, hätte die Beklagte aber ihre Familienangehörigen überwachen und Protokoll über deren Online-Aktivitäten führen müssen. Solche Maßnahmen sind nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes aber erst dann notwendig, wenn es durch eine – wie jetzt erfolgte – Abmahnung den dringenden Verdacht gibt, dass Rechtswidrigkeiten begangen werden. Eine Überwachung ohne einen solchen Verdacht überspannt maßlos die Pflichten durch die sekundäre Darlegungslast.

Neben dem Bundesgerichtshof schützen auch viele weitere Gerichte die Familie vor einer solchen umgekehrten Beweislast, weil letztendlich doch der Kläger nachweisen muss, wer oder ob jemand die Rechtswidrigkeit begangen hat. Daher sollte man sich von diesem Urteil nicht all zu sehr beeindrucken lassen und mit anwaltlicher Hilfe jederzeit versuchen, seine Rechte in einem solchen Fall durchzusetzen.

AG München, Urteil vom 09.10.2014, Az.: 142 C 3977/15

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzView Author posts