Bei einer Abmahnung muss die Gegenseite genügend Zeit für ihre Reaktion erhalten. Ansonsten riskiert die klagende Partei, dass ihr die Kosten für das Verfahren auferlegt werden. Dies entschied das Kammergericht Berlin (KG Berlin, Beschluss vom 18.07.2023, Az.: 10 W 79/23). Es widerrief damit eine vorherige Kostenentscheidung des Landgerichts Berlin.
Angemessenheit der Frist einer Abmahnung
Zwei Personen hatten festgestellt, dass Fotos von ihnen ohne ihre Einwilligung online veröffentlicht wurden. Sie mahnten daraufhin das verantwortliche Unternehmen ab. Die Frist für das Entfernen der Bilder aus dem Netz betrug allerdings nur wenigen Stunden.
Nach Ablauf dieser Frist beantragten sie beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung. Bei der Entscheidung des Kammergerichts Berlin ging es darum, wer die Kosten für dieses Verfahren zu tragen hat.
Das Landgericht Berlin hatte die Kosten der beklagten Partei auferlegt. Doch diese Entscheidung war nach der Auffassung des Kammergerichts Berlin nicht rechtens. Bei der Sachlage genüge eine Frist von wenigen Stunden nicht, da sich Fotoveröffentlichungen im Internet nicht so schnell entfernen lassen.
Außergerichtlicher Verfahrensverlauf zur Urheberrechtsverletzung
Die beklagte Partei war ein großes Medienunternehmen. Die Bilder waren nicht nur ohne Einwilligung der Betroffenen, sondern auch heimlich und aus großer Entfernung aufgenommen worden. Es lag demnach eine Urheberrechtsverletzung vor. Die beiden abgebildeten Personen schickten an die Rechtsabteilung des Medienunternehmens ein Fax und forderten die Entfernung der Bilder sowie eine Unterlassungserklärung binnen einer Frist von lediglich fünf Stunden.
Eine Fristverlängerung für die Unterlassungserklärung bezüglich künftiger gleichgelagerter Fälle wollten sie nur gewähren, wenn die Bilder noch am selben Tag bis 18.00 Uhr aus dem Netz verschwunden seien. Im Medienunternehmen waren mehrere Mitarbeiter im Urlaub, weshalb dessen Rechtsabteilung eine Fristverlängerung um 24 Stunden beantragte.
Immerhin war der Fall mit der Bilderredaktion zu klären, weil auch der technische Vorgang des Entfernens von Bildern einer Klärung bedurfte. Dennoch gab die Rechtsabteilung unaufgefordert am Folgetag die Unterlassungserklärung ab. Der Anwalt der Betroffenen hatte jedoch schon vorher kurz nach Verstreichen der gesetzten Frist beim Landgericht Berlin die einstweilige Verfügung beantragt, das diesem Eilantrag stattgab und die Kosten des Verfahrens der Gegenseite auferlegte.
Widerspruch gegen Kostenentscheidung
Das Medienunternehmen wehrte sich gegen die Kostenentscheidung des LG Berlin, das diesen Kostenwiderspruch jedoch per Urteil zurückwies (LG Berlin, Urteil vom 16.02.2023, Az.: 27 O 322/22). Das betroffene Unternehmen beschwerte sich daraufhin beim Kammergericht Berlin und erhielt Recht.
Das KG legte der klagenden Partei alle Kosten auf und begründete seine Entscheidung mit dem § 93 ZPO. Dieser besagt, dass in solchen Fällen die klagende Partei die Kosten zu tragen hat, wenn die beklagte Partei den betreffenden Anspruch sofort anerkennt. Zusätzlich habe sie, so das KG Berlin im Sinne des § 93 ZPO, durch ihr Verhalten keinerlei Veranlassung gegeben, die Klage zu erheben. Es gehe beim § 93 ZPO darum, so die Richter am Berliner Kammergericht, unnötige Prozesskosten zu vermeiden. Daher war in Abmahnungen eine angemessene Fristen u setzen. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen.