Die längerfristige Datenspeicherung einer Auskunftei über die Restschuldbefreiung eines ehemals insolventen Schuldners ist bei Abwägung der Interessen des Betroffenen gegen diejenigen von möglichen neuen Gläubigern (Kreditgeber, Vermieter, Telekommunikationsunternehmen etc.) rechtens. So urteilte das LG Hamburg am 23.07.2020 (Az.: 334 O 161/19).
Datenspeicherung durch Schufa Holding AG
Der Kläger begehrt die Löschung eines Vermerks über seine Restschuldbefreiung und außerdem Schadenersatz und Unterlassung von der Beklagten. Diese ist eine Auskunftei (offenkundig die Schufa), welche den Vorgang des Erteilens der Restschuldbefreiung in ihre Datenbank aufgenommen hat.
Der Kläger war ehemals ein beamteter Lehrer, der aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand gehen musste. Daraufhin musste er Insolvenz anmelden. Eine erneute berufliche Tätigkeit und damit Verbesserung seiner finanziellen Lage war ihm nach ärztlichem Gutachten nicht möglich. Diese von Amts wegen vorgelegten Gutachten kamen mehrjährig und so auch während der Insolvenzphase zum Ergebnis, dass der Lehrer dienstunfähig sei.
Nach Ablauf der Insolvenzphase erhielt der Kläger die Restschuldbefreiung, welche die beklagte Auskunftei in ihre Datenbank aufnahm. Ein übliches Verfahren von privaten Auskunfteien ist es, solche Informationen aus den Veröffentlichungen von Insolvenzgerichten zu evaluieren. Sie sind für mögliche neue Gläubiger relevant, das Verfahren ist zulässig. Üblicherweise löschen die Auskunfteien diese Daten drei Jahre nach Erteilen der Restschuldbefreiung, so geht jedenfalls die SCHUFA vor.
Verlangen auf Löschung der Restschuldbefreiung
Der Kläger verlangte aber diese Löschung schon sehr zeitnah, nämlich bereits vier Tage nach Erteilen der Restschuldbefreiung. Er berief sich dabei auf Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO (nötige Interessenabwägung bei Datenspeicherungen dieser Art). Die Löschung sei für ihn relevant, da er aktuell einen sehr niedrigen Score von ~20 % habe (üblich nach der RSB, die Kreditwürdigkeit beginnt bei 90 %) und daher trotz festen Ruhestandsgehalts weder eine EC-Karte noch einen Dispokredit, Handy- oder Mietvertrag erhalten könne.
Er wohnte bei einer Lebensgefährtin und war aufgrund seines Scores an diese Wohnung gebunden. Des Weiteren bemängelte er die fehlende Anpassung seines Scores im Vierteljahrestakt, wie ansonsten von der Beklagten versprochen. Auch entstünden ihm berufliche Nachteile, da er durchaus Gesellschafter einer GmbH werden könne, dies aber seine schlechte Geschäftsauskunft verhindere. Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie trug vor, dass sie die nötige Interessenabwägung sehr wohl vorgenommen habe. Zunächst sei der Kläger in der üblichen Situation nach einer Restschuldbefreiung, zweitens aber sei er offenkundig nicht so sehr beeinträchtigt, dass er nicht zu gewinnbringender wirtschaftlicher Tätigkeit in der Lage sei. Sein gesamter Vortrag eines krankheitsbedingten unglücklichen Verlaufs der letzten Lebensjahre sei trotz des amtlich verfügten vorzeitigen Ruhestands eher unglaubwürdig, denn derzeit versuche er ja, wie von ihm selbst vorgetragen, Gesellschafter eine GmbH zu werden. Es überwiege in diesem Fall jedenfalls das Schutzinteresse von potenziellen Gläubigern.
Entscheidung des LG Hamburg
Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab. Es sah keinen Anspruch des Klägers auf Löschung des betreffenden Eintrages und ebenso keinen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch. Hierfür lägen keine Voraussetzungen nach Artikel 17 I DSGVO vor. Kernvoraussetzung für die Löschung wäre demnach, dass die Daten irrelevant seien. Dies sei aber nach Erteilen einer Restschuldbefreiung nicht der Fall. Die übliche Löschfrist von drei Jahren sei inzwischen auch in der DSGVO festgeschrieben (Artikel 40 Absatz 2).