Was war passiert?
Im Fall, den das Amtsgericht München verhandeln musste, klagte ein Versicherungsnehmer gegen seine Hausratversicherung. In der Versicherung war der Ersatz von Hausratgegenständen, die vorübergehend in einem Auto lagerten und „durch Aufbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeugs“ entwendet wurden. Aus dem fahrbaren Untersatz des Versicherungsnehmers wurden während kurzer Abwesenheit nämlich eine elektrische Zahnbürste sowie ein Paar Kopfhörer gestohlen. Aufbruchsspuren waren keine feststellbar.
Der Kläger stellte daraufhin die These auf, dass er sein Fahrzeug mit Keyless-Go-System verschlossen hatte. Zur Klärung vor Gericht stand hierbei zunächst jedoch gar nicht, ob das Fahrzeug wirklich verschlossen war, sondern ob die beklagte Assekuranz im Falle eines möglichen Relay-Angriffs des Keyless-Go-Signals den Schaden ersetzen muss, wenn ein „Aufbrechen“ versichert ist. Die Versicherung war der Ansicht, dass es sich nicht um ein „Aufbrechen“ handelt.
Keyless-Go – Was ist ein Relay-Angriff?
Moderne Keyless-Go-Systeme sind sehr sicher. Das Abfangen eines Signals reicht nicht aus, um dieses erneut zu übertragen und das Auto zu öffnen. Bei jeder Anfrage sendet das Auto einen einmaligen Code an den Autoschlüssel. Es erwartet dann auf Grund komplexer kryptografischer Funktionen eine auf diesem Code basierende Antwort. Diese stimmt nicht, wenn ein altes Signal mitgeschnitten wurde.
Hier kommen die Relay-Angriffe ins Spiel: Ein Täter befindet sich am Auto, ein anderer Täter unweit des Schlüssels. Sowohl die aktuellen Signale des Schlüssels, als auch die des Autos und die darauffolgende Antwort des Schlüssels werden zwischen beiden Dieben übertragen und ausgestrahlt. Für Auto und Schlüssel verhält sich die Situation so, als wären Auto und Schlüssel direkt beieinander.
Was hat das Amtsgericht entschieden?
Das Amtsgericht stimmte vollständig der Ansicht der beklagten Versicherung zu. So sei ein sogenannter Relay-Angriff ohne Aufbruchsspuren eben nicht als „Aufbrechen“ zu bewerten. Die Argumentation der Richter ist eindeutig. Der allgemeine Sprachgebrauch in Einklang versteht mit dem Duden unter einem Aufbruch ein gewaltsames und somit auch in der Regel nachträglich beweisbares Vorgehen versteht.
Hierbei stimmte das Gericht zwar dem Kläger dahingehend zu, dass ein Aufbrechen nicht zwangsläufig damit einhergehen muss, dass die aufgebrochene Sache dauerhaft beschädigt ist, dennoch sei mangels der Anwendung von Gewalt im vorliegenden Fall nicht von einem Aufbruch zu sprechen.
Bei der Interpretation allgemeiner Geschäftsbedingungen eben auch die Risikokalkulation der Versicherung zu berücksichtigen ist. Das Gericht war überzeugt, dass die Missbrauchsgefahr wie bei einer Lüge, dass das Auto abgeschlossen war, obwohl es dies nicht war, so hoch sei, dass auch keineswegs anzunehmen ist, dass beim Vertragsabschluss davon auszugehen war, dass ein solcher gewaltloser Zugriff auf das Fahrzeuginnere versichert sei.