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Auskunftspflicht von Lizenznehmern gegenüber Urheber 

Die neue Auskunftspflicht: Die Verwerter von urheberrechtlich geschützten Werken und mögliche Lizenznehmer, die ebenfalls an der Urheberschaft partizipieren, sind seit dem 7.6.2022 verpflichtet, den Urhebern Auskunft über die Nutzung der Werke zu erteilen. Das geht aus dem neu gefassten § 32d UrhG hervor.

Was besagt die gesetzliche Neuregelung zur Auskunftspflicht gegenüber dem Urheber?

Wenn einem Vertragspartner die entgeltliche Nutzung eines Werkes eingeräumt wurde, muss er seither mindestens einmal jährlich dem Urheber Auskunft über die Art und den Umfang der Nutzung inklusive der gezogenen Erträge erteilen. Diese Auskunft muss proaktiv erfolgen, also ohne Nachfrage des Urhebers.

Zusätzlich zum § 32e UrhG erweitert der § 32d UrhG den Auskunftsanspruch auch gegenüber weiteren Lizenznehmern des Erstverwerters, die mit dem Urheber in keinem unmittelbaren vertraglichen Verhältnis stehen. Den § 32d UrhG gab es schon in der vorherigen Fassung des Gesetzes, doch er schrieb bislang nur die „Auskunft auf Verlangen“ vor. 

Wozu wurde das UrhG in Bezug auf die Auskunftspflicht angepasst?

Die Urheber erlangen mit den Neufassung mehr Transparenz zur Verwertung ihrer Werke. Sie können damit leichter abschätzen, ob ihnen Nachvergütungsansprüche nach den §§ 32, 32a UrhG zustehen. Besonders wichtig ist dies, wenn sie ihr Werk für ein Pauschalhonorar erstellt haben.

Voraussetzungen der Auskunftspflicht nach der Vorschrift des § 32d UrhG

Der § 32d UrhG benennt in seinem ersten Absatz den Urheber als Anspruchsinhaber. Ein Urheber ist der Schöpfer eines Werkes mit einer sogenannten Schöpfungshöhe, die es einzigartig macht (§ 7 UrhG). Des Weiteren ist der § 32d anwendbar, wenn Künstler zwar selbst keine Schöpfungshöhe erreichen, aber an der Vollendung des Werkes maßgeblich beteiligt sind. In diese Kategorie fallen manchmal Fotografen und fast immer die ausübenden Künstler wie Musiker ohne eigene Kompositionen, Chorsänger, Tänzer und Synchronsprecher. Ob Letztere als Arbeitnehmer ebenfalls Auskunft erhalten müssen (sogenannte Arbeitnehmerurheber), ist umstritten.

Der Anspruchsverpflichtete ist nach § 32d UrhG der Vertragspartner des Urhebers, der dessen Werk verwertet. Wenn er einer weiteren Partei eine Unterlizenz für die Verwertung erteilt hat, besteht auch gegen die Lizenznehmer ein Auskunftsanspruch (§ 32e UrhG).

Nutzungsrechte nach § 15 UrhG

Die Nutzungsrechte am Werk zählt der § 15 UrhG auf. Dazu gehören unter anderem:

  • entgeltliche Verwertung
  • Vervielfältigung 
  • Verbreitung in der Öffentlichkeit
  • Übertragung der Rechte an Dritte

Bei der entgeltlichen Verwertung kommen die §§ 32d, 32e UrhG zur Anwendung. Unter die entgeltliche Verwertung fallen alle vermögenswerten Gegenleistungen, die abseits einer direkten Vergütung auch in der Erstattung von Reisekosten bestehen können. Bei Open-Content-Nutzungen ist die Vorschrift jedoch nicht anwendbar.

Ausnahmen laut § 32d Absatz 2 UrhG

Es gibt zwei Ausnahmen, welche die Verpflichtung zur Auskunftserteilung aufheben, wobei die Beweislast für einen Ausschlusstatbestand beim Verwerter oder Lizenznehmer liegt: 

  • #1 Der Beitrag des Urhebers zum Werk ist nachrangig (§ 32 Absatz 2 Nr. 1 UrhG): Sollte der Urheber nur einen nachrangigen Beitrag geleistet haben, entfällt die proaktive Auskunftspflicht des Verwerters. Nachrangige Beiträge prägen das Werk insgesamt wenig. Allerdings ist der Begriff der Nachrangigkeit gesetzlich nicht scharf umrissen. Beispiele könnten Arrangements eines Musikstücks, Werbegrafiken, die Komparserie oder geringe Textbeiträge von Journalisten zu einem Artikel sein, deren Volumen in Relation zum Gesamtwerk so gering ist, dass sie wahrscheinlich keinen Zahlungsanspruch nach § 32a UrhG auslösen.
  • #2 Die Inanspruchnahme des Verwerters in Bezug auf die Auskunftspflicht ist unverhältnismäßig (§ 32 Absatz 2 Nr. 2 UrhG): Sollte der Aufwand für eine Auskunftserteilung in Relation zu den Verwertungserlösen unverhältnismäßig hoch ausfallen, entfällt die Auskunftspflicht ebenfalls. Das trifft besonders dann zu, wenn der anspruchsberechtigte Urheber auch auf einem anderen Weg die gewünschte Information erlangen kann. Es hat eine Interessenabwägung stattzufinden.

Was umfasst die Auskunftspflicht?

Die geforderte Auskunft müssen Verwerter und Lizenznehmer unaufgefordert einmal jährlich leisten (§ 32d Absatz 1 UrhG). Sie müssen die Werknutzung beschreiben und die erzielten Erträge und Vorteile auflisten. Die erste Auskunft hat nach einem Jahr ab Beginn der Werknutzung zu erfolgen. Einbezogen sind alle Umstände, welche relevant für die Vergütung sind (§§ 32, 32a UrhG). Die Auskünfte müssen vollständig und wahrheitsgemäß das gesamte zurückliegende Jahr abdecken. Zum Umfang der Werknutzung gehören:

  • Ort, Zeitraum und Inhalt der Verwertung
  • Verwertungsdauer und -häufigkeit
  • Ausmaß der Werknutzung
  • Stückzahlen verkaufter Exemplare
  • Zahl von Aufführungen und Wiederholungssendungen
  • Anzahl von Downloads
  • Umfang der Nutzung durch Unterlizenznehmer
  • Erträge von Unterlizenznehmern (Subsidiarität des Anspruches, § 32e UrhG)

Namen und Adressen von Unterlizenznehmern müssen Verwerter nur auf Verlangen nennen (§ 32d Absatz 1a UrhG). Das Recht auf diese Information steht den Anspruchsberechtigten nach § 32e UrhG zu.

Auskunft zu Erträgen und Vorteilen

Zu den Erträgen und Vorteilen gehören Einnahmen durch Verkäufe, Fördergelder sowie Werbe- und Sponsoringentgelte. Der Erstverwerter muss seine Lizenzeinnahmen offenlegen. Seine Aufwendungen, die den Gewinn schmälern, sind nicht abziehbar und müssen daher auch nicht benannt werden. Sie können dennoch die vertragliche Gestaltung beeinflussen, wenn die Vergütung unangemess niedrig ausfällt. Sollte der Urheber Letzteres vermuten, kann er eine detaillierte Auskunft vom Verwerter verlangen, um den Vertrag gegebenenfalls nachzuverhandeln.

Björn Wrase

Björn Wrase

RA Björn Wrase: Anwalt für AI/KI- & IT-Recht, Medien- und Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht und DatenschutzView Author posts