In seinem Beschluss aus dem Mai 2016 (Az.: 13 W 36/16) nahm das OLG Celle ausführlich dazu Stellung, wie man den Streitwert einer Unterlassungsklage im Urheberrecht um Rahmen der Lizenzanalogie genau zu bemessen hat.
Grundsätze der Lizenzanalogie und Streitwert
Die Lizenzanalogie ist eine bestimmte Form des Schadensersatzes, die speziell für das Urheberrechet entwickelt wurde. Sie eröffnet dem Geschädigten eine Wahlmöglichkeit, um den Schaden, der ihm durch eine urheberrechtswidrige Verwendung seiner geschützten Werke entstanden ist, zu berechnen.
Dabei wird der Schadensersatzanspruch auf der Grundlage des Betrags errechnet, den der Schädiger eigentlich hätte bezahlen müssen, wenn er vorher eine Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.
Dabei muss laut Bundesgerichtshof objektiv darauf abgestellt werden, was ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Entscheidungszeitpunkt relevante Sachlage gekannt hätten.
Konkretisierung durch das OLG Celle
Diese etwas schwammige Formel hat das OLG Celle nunmehr in seinem Beschluss konkretisiert.
Intensität, Umfang und Dauer der Rechtsverletzung
Danach sind zunächst Intensität, Umfang und Dauer der Rechtsverletzung zu berücksichtigen. Im konkreten Fall hatte die Beklagte 2 Lichtbilder der Klägerin unerlaubt für Werbezwecke eingesetzt. Auf das oben Gesagte angewendet wäre hier also in einem ersten Schritt zu fragen, wie häufig die Bilder und über welchen Zeitraum die Bilder verwendet wurden.
Um die Intensität einer Rechtsverletzung genauer beurteilen zu können, müsste man dann die geschaltete Werbung näher analysieren. So wäre entscheidend, ob die Werbekampagne allein mit den streitgegenständlichen Lichtbildern durchgeführt wurde, zum Beispiel in Form einer Plakatwand (dann sehr hohe Intensität), oder ob die Lichtbilder lediglich ein unwesentlicher Teil der Werbekampagne waren, zum Beispiel in Form eines kleinen Ausschnitts in einem Katalog voller Fotos (dann sehr niedrige Intensität).
Gewinn und Umsatz für den Schädiger, Gewinn- und Umsatzverlust für den Geschädigten
In einem nächsten Schritt will das OLG Celle auf Gewinn und Umsatz abstellen. Dabei muss einerseits betrachtet werden, wie der Schädiger durch die Verwendung des geschützten Werkes seinen eigenen Umsatz bzw. Gewinn gesteigert hat. Diese Werte könnten zum Beispiel besonders hoch ausfallen, wenn die urheberrechtsverletzende Handlung ein großes Medienecho auf sich zieht und das beworbene Produkt dadurch stärker nachgefragt wird.
Andererseits muss dieselbe Betrachtung aber auch aus Sicht des Geschädigten angestellt werden. So könnte es zum Beispiel sein, dass die urheberrechtswidrige Verwendung eines Lichtbildes durch die Konkurrenz dazu führt, dass der Geschädigte das Bild selbst gar nicht mehr oder nur noch sehr bedingt zu Werbezwecken einsetzen kann, sodass insoweit mit starken Umsatzeinbußen zu rechnen wäre.
Bekanntheit und Aktualität des Werkes bzw. dessen Urhebers
Schließlich soll nach dem OLG Celle auch die Bekanntheit und Aktualität des konkreten Werkes bzw. dessen Urhebers berücksichtigt werden.
So kann das Lichtbild einer Person, die aktuell stark in den Medien präsent ist, den Streitwert einer entsprechenden Klage um ein Vielfaches in die Höhe steigen lassen, während das Lichtbild einer Person, die weniger präsent ist, zu einem sehr niedrigen Streitwert führen kann.
Gleiches gilt analog auch für den Urheber eines Werkes.
Absage an eine schematische Verdopplung des Lizenzsatzes für die Streitwertbemessung
Diese Formel des Bundesgerichtshofs, die durch das OLG Celle konkretisiert wurde, gilt grundsätzlich für die Berechnung eines Schadensersatzes.
Das OLG Celle befasst sich aber darüber hinaus noch mit der Frage, welche Auswirkungen dieser durch die Formel ermittelte Wert auf den Streitwert einer entsprechenden Unterlassungsklage hat.
Die Unterlassungsklage ist anders als die Schadensersatzklage, die darauf abzielt, den entstandenen Schaden wieder zu kompensieren, darauf gerichtet, zukünftige Verstöße zu vermeiden. Da die zukünftige Vermeidung typischerweise mit bereits entstandenen Schäden in einem Zusammenhang steht, wurde zur Bestimmung des Streitwerts der Unterlassungsklage oft pauschal auf den doppelten Wert des durch die Lizenzanalogie ermittelten Betrags abgestellt.
Dem hat das OLG Celle jetzt eine klare Absage erteilt, indem es feststellt, dass grundsätzlich für eine Verdopplung des Werts aus der Lizenzanalogie keine rechtliche Grundlage besteht.
Fazit
Auch wenn einem der Beschluss des OLG Celle zunächst unbedeutend erscheint, so hat er doch eine immense Auswirkung auf die Praxis. Denn faktisch werden die Streitwerte für Unterlassungsklagen und auch Gegenstandswerte der Abmahnungen oftmals noch nach wie vor aufgrund des doppelten Betrags der Lizenzanalogie festgesetzt.
Hier bietet sich Angriffsfläche, um sich gegen überhöhte Abmahnforderungen und überhöhte Unterlassungsklagen zu wehren.
Da die genaue Ermittlung des Betrags der Lizenzanalogie aber auch nach der Konkretisierung durch das OLG Celle äußerst schwierig ist, empfiehlt es sich, dafür einen spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren.
Gleiches gilt für den Fall, dass Sie eine Unterlassungsklage oder eine Abmahnung erhalten haben und davon ausgehen, dass der Streitwert bzw. der Gegenstandswert zu hoch ist.
OLG Celle, Beschluss vom 13.05.2016, Az.: 13 W 36/16