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Auskunftspflicht von Portalbetreibern zu Bestands- und Nutzungsdaten 

Auskunftspflicht: Betreiber von Bewertungsportalen können dazu verpflichtet werden, über Bestands- und Nutzungsdaten von Nutzern Auskunft zu erteilen, wenn diese mit einer Bewertung gegen geltendes Straf- oder Zivilrecht verstoßen. Das geht aus einem Beschluss des OLG Celle vom 07.12.2020 hervor (Az.: 13 W 80/20).

Auskunftspflicht wegen negativer Bewertung

Auf dem Bewertungsportal Kununu, das der Bewertung von Arbeitgebern durch Arbeitnehmer dient, hatte ein Mitarbeiter seinen Arbeitgeber negativ bewertet, der daraufhin von Kununu Auskunft über den Nutzer verlangte, welcher wie üblich die Bewertung anonym abgegeben hatte.

Als Kununu die Auskunft mit Verweis auf den Datenschutz ablehnte, zog die Firma dagegen erfolgreich vor Gericht. Rechtsstreitigkeiten wegen solcher Bewertungen auf Kununu sind nicht ungewöhnlich. Die bewertenden Nutzer sehen ihre Äußerungen durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Betroffene Unternehmer wiederum berufen sich auf den Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte: Sie fürchten um ihre Reputation. Es ist für sie zudem von großem Interesse, ob negative Bewertungen von einem gegenwärtigen oder früheren Mitarbeiter stammen.

Aus diesem Grund verlangen sie gern vom Portalbetreiber Auskunft über die Nutzerdaten, welche Kununu routinemäßig abwehrt. Mit so einem Fall hatte sich das Oberlandesgericht Celle in zweiter Instanz zu beschäftigen, nachdem Kununu gegen eine Entscheidung des LG Stade Beschwerde eingelegt hatte.

Verfahrensverlauf

Die Richter in Stade hatten Kununu in einem von zwei Fällen zur Auskunft verpflichtet. Betroffen war ein IT-Unternehmen mit rund 25 Mitarbeitern. Dieses war von einem Nutzer auf Kununu anonym wie folgt bewertet worden (sinngemäße Wiedergabe):

  • #1: Gehaltszahlungen erfolgen unpünktlich, Telefone sind wegen offener Rechnungen gesperrt
  • #2: Arbeitsatmosphäre schlecht, intransparent, durch unfaire Behandlung gekennzeichnet, von Mobbing bei Kündigung geprägt, fehlende oder stark gekürzte Gehaltszahlung, SV-Beiträge nicht gezahlt

Das Unternehmen wies die Aussagen zurück und verlangte von Kununu vor dem LG Stade Auskunft zu den Bestands- und Nutzungsdaten. Kununu sollte die IP-Adresse des Bewertenden, seinen Namen, seine E-Mail-Adresse und den exakten Upload-Zeitpunkt der Bewertung bekanntgeben.

Diese Forderung wies Kununu mit dem Argument zurück, dass die Schwelle einer strafbaren Ehrverletzung durch die Äußerungen nicht überschritten worden sei. Zudem sei eine bloße Behauptung, dass Tatsachenäußerungen innerhalb einer Bewertung unrichtig sind, nicht ausreichend für eine Auskunft, welche möglicherweise den Datenschutz verletzt. Daraufhin zog die Firma vor das LG Stade, wo sie unterlag. Stade folgte dem Antrag von Kununu (LG Stade, Beschluss vom 21.10.2020, Az.: 2 O 158/20). Gegen den Beschluss des LG Stade legte die IT-Firma vor dem OLG Celle Beschwerde ein und erhielt Recht für die Bewertung #2, jedoch nicht für #1.

Portalbetreiber bei Verletzung absolut geschützter Rechte zur Auskunft verpflichtet

Die Bewertung #1 begründet nach Auffassung der Celler Richter keinen Auskunftsanspruch gegen Kununu. Sie ist rechtmäßig, weil es sich um unkonkrete Äußerungen handelt, welche die Firma nicht direkt herabwürdigen.

Die Bewertung #2 desselben Nutzers hingegen begründet einen Auskunftsanspruch nach § 14 Abs. 3 TMG (Telemediengesetz). Ein Diensteanbieter muss im Einzelfall die geforderte Auskunft zu Bestandsdaten erteilen, wenn der Antragsteller nur mithilfe dieser Auskunft zivilrechtliche Ansprüche wegen einer Rechtsverletzung durchsetzen kann.

Es handele sich in diesem Fall um absolut geschützte Rechte, welche der § 1 Abs. 3 NetzDG (Netzwerkdurchsuchungsgesetz) erfasst. In so einem Fall seien Nutzerdaten aufgrund der Verweisung von § 15 Absatz 5 Satz 4 TMG herauszugeben. Der Auskunftsanspruch ergebe sich durch § 242 BGB.

Zudem konnte die IT-Firma den zustehenden Unterlassungsanspruch schlüssig darlegen. Dieser beruhe zusätzlich auf einer sog. qualifizierten Rechtsverletzung i.S.v. § 14 Abs. 3 TMG, so das OLG Celle. Die betreffenden Aussagen könnten demnach eine Kreditgefährdung des Unternehmens hervorrufen und dieses damit existenziell bedrohen.

Zwar seien nicht die Straftatbestände der üblen Nachrede (§ 186 StGB) oder der Verleumdung (§ 187 Alt. 1, 2 StGB) erfüllt, jedoch würden die Tatsachenbehauptungen die Kreditwürdigkeit des Unternehmens nach § 187 Alt. 3 StGB gefährden. Eine Kreditgefährdung verletzt das Recht am ausgeübten Gewerbebetrieb. Aus diesem Grund trifft Kununu die Obliegenheit, den Sachverhalt hinreichend aufzuklären (§ 27 Absatz 1 FamFG). Der Beschluss aus Celle stärkt die Rechte von Arbeitgebern gegenüber unrichtigen Bewertungen.